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Sport: Lieblingsboot ist der Viererkajak

Kanu-Weltmeisterin Judith Hörmann wechselte von Karlsruhe in den Luftschiffhafen und will nun als Neu-Potsdamerin das Ticket zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking erpaddeln

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In Sanssouci war sie noch nicht, aber die Potsdamer Havel kennt sie mittlerweile schon ganz gut. Kein Wunder: Nachdem Judith Hörmann vor anderthalb Wochen von Karlsruhe in den Potsdamer Luftschiffhafen kam, hatte sie kaum Zeit zum Sightseeing. Die dreifache Kanu-Weltmeisterin wechselt schließlich zum 1. Januar kommenden Jahres von den „Rheinbrüdern Karlsruhe“ zum KC Potsdam (PNN berichteten), um sich von hier aus das Olympia-Ticket nach Peking zu erkämpfen und in Chinas Metropole erfolgreich zu sein. „Um dieses Ziel zu erreichen, will ich jetzt neue Reize setzen – mit einer neuen Umgebung, einer neuen Trainingsgruppe und einem neuen Heimtrainer“, erklärt die 24-Jährige, die am Donnerstag auf einem WM-Empfang ihres künftigen Klubs auch von Ministerpräsident Matthias Platzeck willkommen geheißen wurde. „Empfänge gab es in Karlsruhe auch – aber nicht mit so großem politischem Rahmen“, staunte Hörmann. Über ein großes rundes Schoko- Medaillon freute sich die bekennende Schokoladen-Liebhaberin sichtlich. Und die schwarz-rote Wettkampfbekleidung des Kanu-Clubs, die ihr KC-Teammanager Jürgen Eschert überreichte, probierte sie am Abend gleich mal an. „Es passt“, verkündete sie gestern.

Judith Hörmann ist zwar neu in Potsdam – alles ist für den Blondschopf hier aber nicht unbekannt. „In den letzten Jahren war ich schon ab und an zu Tests des Verbandes im Potsdamer Strömungskanal“, erzählt die Kanutin, die 1991 in ihrer Geburtsstadt Karlsruhe mit dem Paddeln begann, dort zuletzt bei Detlef Hofmann trainierte und nun erstmals den Verein wechseln wird. „Natürlich“, sagt sie, „war Herr Hofmann nicht begeistert. Aber er muss meine Entscheidung akzeptieren. Ich bin in Karlsruhe nicht mehr so voran gekommen und habe diesen Schritt ja aus freier Entscheidung heraus gemacht.“ Mit Frauen-Bundestrainer Eckehard Sahr, ihrem neuen Heimcoach, hat sie bereits seit 2005 in der Nationalmannschaft zu tun. Sahr freut sich schon auf die nun tägliche Zusammenarbeit. „Judith ist eine sehr kampfstarke Kanutin und eine Bereicherung für unsere Trainingsgruppe. Und sie versteht sich mit allen hier sehr gut“, meint der Bundestrainer, der noch Urlaub hat und jetzt mit der Familie zum Wandern nach Italien düst. Seine Schützlinge werden derweil von seinem Trainerkollegen Wolfgang Lange betreut.

Mit Katrin Wagner-Augustin, der dreifachen Olympiasiegerin und siebenfachen Weltmeisterin des KCP, holte sich Hörmann vor zwei Jahren WM-Gold im Viererkajak über 200 und 500 Meter; auch ihre neuen Potsdamer Trainingskameradinnen Fanny Fischer und Caroline Kratochwil kennt sie von Trainingslagern und Wettkämpfen vergangener Jahre. „Das macht natürlich einiges einfacher“, sagt die Badenerin, die mit ihren 1,65 Metern Körpergröße bei den diesjährigen WM in Duisburg die kleinste deutsche Paddlerin war – und trotzdem zu den Großen der Titelkämpfe zählte. Schließlich wurde sie gemeinsam mit der Dresdnerin Gesine Ruge Weltmeisterin im Zweierkajak über 1000 Meter. Außerdem gewann sie seit 2003 bei Welttitelkämpfen je zweimal Silber und Bronze – immer im Vierer. „Das ist“, verrät sie, „auch mein Lieblingsboot. In dem würde ich im nächsten Jahr am liebsten in Peking paddeln – und natürlich gewinnen.“

Ihre neuen Potsdamer Vereinskameradinnen kann Hörmann bald noch besser kennen lernen. Am 21. November düst die Trainingsgruppe Sahr – zu der außerdem die Magdeburgerin Caroline Waßmuth gehört – für drei Wochen ins Wärme-Trainingslager Stuart nach Florida. „Das ist auch Neuland für mich“, meint Judith Hörmann. „Ich war zwar 2003 mit zu den WM in Gainesville, aber zum Training war ich in den USA noch nie. Ich freue mich schon darauf. Die anderen haben mir bereits erzählt, dass man dort sehr weit in eine Richtung paddeln kann.“ Anschließend sei bald Weihnachten, und im Januar gehe es in ein weiteres Trainingslager. Daher will sich die Neu- Potsdamerin erst im Verlauf des kommenden Jahres eine eigene Wohnung suchen; jetzt hat sie erst einmal ihr Domizil in einem Studentenwohnheim in der Forststraße gefunden. „Das ist nicht weit weg vom Luftschiffhafen“, weiß die Paddlerin. „Die Trainingsbedingungen hier sind überhaupt ausgezeichnet. Alles ist dicht beisammen – das ist schon optimal.“

In den nächsten Monaten wird sich Judith Hörmann ganz aufs Training konzentrieren. „Erfolgreiche Kanuten werden im Winter gemacht“, weiß sie selbst. Ihr Studium der Betriebswirtschaft wird sie daher nach dreieinhalb Semestern erst einmal pausieren lassen. Noch ist sie an der Universität Karlsruhe immatrikuliert, an der Potsdamer Uni ist sie momentan Gasthörerin. „Im nächsten Jahr nach Olympia will ich mich umschreiben lassen“, meint die Studentin.

Am Wochenende wird Judith Hörmann auch ihre jüngere Schwester Silke in Potsdam begrüßen. Die 21-Jährige wurde im vergangenen Jahr in Szeged Vizeweltmeisterin mit dem K4 über 1000 m und Achte im Einerkajak über 200 m. In diesem Jahr holte sie bei den U23-Europameisterschaften in Belgrad mit der Potsdamerin Birka Zimmermann im Zweierkajak Silber über 1000 und Bronze über 500 m. „Silke kommt nur zum Trainieren her“, meint Bundescoach Sahr, und auch Judith Hörmann erklärt: „Sie hat jetzt in Karlsruhe eine Ausbildung zur Mediengestalterin begonnen und wird mir nicht hierher folgen.“ Gleichwohl will sie der Schwester zeigen, wo sie sich nun auf Peking 2008 vorbereitet. Dass die gemeinsame Zeit auch für Sanssouci reicht, ist fraglich.

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