Landeshauptstadt: Lippenbekenntnis hilft Kindern nicht
Chefarzt Prof. Radke mahnt Unterstützung für das SPZ an
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Chefarzt Prof. Radke mahnt Unterstützung für das SPZ an Die bekannteste Patientin im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) am Bergmann-Klinikum heißt Juliane - jenes Baby, das 14 Wochen vor dem eigentlichen Entbindungstermin mit 470 g Gewicht auf die Welt kam und inzwischen 2670 g wiegend ihren Eltern übergeben werden konnte. Im SPZ werden alle „Frühchen“ ambulant betreut, um Entwicklungsverzögerungen und -störungen entgegen zu wirken. Das ist aber nur eine Aufgabe des von Oberarzt Dr. Claus Herrmann geleiteten Zentrums, das am Wochenende mit einem Sommerfest sein zehnjähriges Bestehen feierte. Drei Ärztinnen, drei Psychologen, Ergo- und Physiotherapeutin, Logopädin, Kinderkrankenschwester, Sozialarbeiterin kümmern sich als Team um etwa 1500 entwicklungsgestörte bzw. behinderte Kinder. Besonders groß und wachsend ist die Zahl der hyperkinetischen Störungen. Vom Zappelphilipp aus dem „Struwwelpeter“ ausgehend, machte Dr. Herrmann in einem Vortrag eindringlich deutlich, welch schwerwiegende Nachteile im späteren beruflichen und familiären Leben diese Erkrankung nach sich ziehen kann, wenn sie nicht therapiert wird. Einer gründlichen Diagnose im SPZ folgt die Behandlung, die von der Elternberatung bis zur psychologischen Verhaltenstherapie reicht. Sie wird teils im SPZ selbst ausgeführt, in der Mehrheit jedoch an Therapiepraxen vergeben. Auch den Einsatz von Medikamenten schließt Dr. Herrmann nicht aus, wenn sich die Situation krisenhaft zuspitzt. Eltern, die hyperkinetische Symptome an ihren Kindern feststellen, können sich vom Hausarzt an das Sozialpädiatrische Zentrum überweisen lassen. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Meist sind es die Lehrer, die auf Verhaltensauffälligkeiten von Schülern aufmerksam machen, mit denen sie im Unterricht nicht mehr fertig werden. Das SPZ betreut ebenso Epileptiker, Kinder mit Down-Syndrom (Mongoloide) und anderen genetischen Erkrankungen, mit Sprach- und Wahrnehmungsstörungen, eingeschränkter Mobilität, mit Ernährungsstörungen ... Dabei ist die wachsende Zahl von übergewichtigen jungen Menschen ein besonderes Problem. Der Einzugsbereich reicht über Potsdam hinaus in die umliegenden Landkreise, doch auch Patienten aus Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt nutzen die Fachkompetenz von Claus Herrmann und dessen Team. Das SPZ ist modern ausgestattet, aber in einer ehemaligen DDR-Krippe untergebracht, die eine Bausanierung dringend nötig hat. Der Chefarzt der Kinderklinik, Prof. Dr. Michael Radke, forderte die Stadt Potsdam auf, sich ihrer Verantwortung für den Erhalt des SPZ bewusst zu werden. Bisher leiste sie jedoch im Gegensatz zum Kreis Mittelmark nicht einmal die 15 Prozent Kostenbeteiligung, zu der sie gesetzlich verpflichtet sei. Lippenbekenntnisse auf Wahlplakaten müssten praktischer Unterstützung für die Kinder weichen.
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