
© Patrick Plönnig
3 500 Besucher beim Literaturfestival Potsdam: „lit:potsdam“ bleibt politisch
Die vierte Auflage des Literaturfestivals "lit:potsdam" ging zu Ende und war ähnlich erfolgreich wie im Jahr zuvor. Ein Rückblick.
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Potsdam - Unverändert erfolgreich: 3 500 Menschen haben die vierte Ausgabe des Literaturfestivals „lit:potsdam“ am vergangenen Wochenende besucht – genauso viele wie im vergangenen Jahr. Damals sprachen die Veranstalter – die Kultur- und Konzeptagentur Graf und Frey – von einem Besucherrekord. 30 Autoren, darunter Friedrich Ani, Karen Duve, Julia Franck und der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, haben bei insgesamt 45 Veranstaltungen an verschiedenen Orten gelesen und diskutiert. Gleich zweimal war Daniel Kehlmann zu erleben – berühmt für seine Bestseller „Die Vermessung der Welt“ oder „Ruhm“. Kehlmann war in diesem Jahr als sogenannter Writer in Residence das ganze Festival über in Potsdam zu Gast.
Einen Schwerpunkt setzte „lit:potsdam“ in diesem Jahr auf die Themen Umwelt und Wissenschaft, Flucht und Vertreibung, Terrorismus und Krieg. Oberbürgermeister Jann Jakobs begrüßte das und unterstrich bei der offiziellen Eröffnung in der Villa Jacobs am Freitagabend die politische Bedeutung von Literatur: Auch mit ihr müsse verhindert werden, dass nun die Stunde der Populisten schlägt, die Lufthoheit den Stammtischen überlassen wird. „Wir können dieser Gefahr nur entgegentreten, indem wir selbst kritisch denken und lesen, und uns nicht den Stimmungen und Ängsten schwankender Meinung hingeben. Dieses Denken und Lesen und Hören ist anstrengend, aber auch lustvoll.“ Er bezog sich dabei auf den Schriftsteller Peter Weiss, der vor fast hundert Jahren, nicht weit von Potsdam, geboren wurde. Dessen knappe Aufforderung „Um die Wahrheit zu finden, muss man diskutieren“ sollte eines der Leitmotive des Festivals sein in einer Zeit, die Reflexion bitter nötig hat: „Europa ringt um seine Identität, die Flüchtlingskrise ist eine große Herausforderung.“
Bewegendes Gespräch über Flucht und Vertreibung
Über eine weitere große Herausforderung, nämlich den Klimawandel, hatte Hans Joachim Schellnhuber – im Gespräch mit Karen Duve – schon beim Pre-Opening am vergangenen Donnerstag gesprochen. Es sei die Aufgabe aller, mit individuellen systemkritischen Haltungen die Politiker unablässig daran zu erinnern, Entschlüsse auch durchzusetzen.
Zum Thema Flucht und Vertreibung gab es ein bewegendes Gespräch mit Julia Franck, Uwe-Carsten Heye und Najem Wali über ihre ganz eigene Prägung durch ein Leben in der Flucht, den Verlust und den Gewinn von Heimat. Und über die historische Entwicklung von Recht und Gewalt und ihren Grenzen und Möglichkeiten in der heutigen Welt diskutierten der Jurist und „Zeit“-Kolumnist Thomas Fischer und der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler unter der Moderation von Denis Scheck.
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