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Clemens Salow ist einer der Brauer und Mälzer im Krongut Bornstedt. Dort wird der traditionelle Bornstedter Büffel gebraut.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Lob des Gerstensafts

Die Geschichte des Potsdamer Bieres in einem Büchlein von Volker Schobeß – es ließe sich noch mehr erzählen

Stand:

Endlich hat sich ein Autor daran gemacht, das Potsdamer Bier zu loben. Angeregt wurde Volker Schobeß zu seinen „Geschichten vom Brauwesen durch die Wiederbelebung der 1841 eingestellten Brautradition im Krongut Bornstedt im Jahr 2002. Vielleicht deshalb ist seine Potsdamer Bierchronik etwas „büffellastig“ geraten.

Bornstedter Büffel hieß das süßherbe, würzige Dunkelbier mit immerhin 5,2 Prozent, das anno 1689 aus der Taufe gehoben wurde. Die Biere aus dem Potsdamer Vorort waren so begehrt, dass die spätere Amtsbrauerei beispielsweise 1784 mit einem Jahresausstoß von 3500 Tonnen fast die Größenordung der 4000 Tonnen aus der Königsbrauerei erreichte. Diese 1716 vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. am Brauhausberg begründete Brauerei diente der Versorgung der mehr als 3000 Soldaten und der Einwohnerschaft in Potsdam. Das Dünnbier wurde nicht nur getrunken, sondern auch für Suppen und Soßen verwendet.

Der Autor schildert, wie der jährlich mit einem „Märzenfest“ gefeierte Bornstedter Büffel in die Stadt Potsdam hineindrängte, so dass Friedrich II. zum Schutz der Königsbrauerei die Menge limitieren musste. Hoch überlegen war die Qualität beispielsweise dem Teltower Bier, das entgegen dem Reinheitsgebot mit Schweinegalle und Scharlachkraut als Bitterstoffen gewürzt wurde. Da gäbe es allerdings aus Potsdam selbst noch einen drastischeren Vergleich, den der Autor nicht erwähnt. 1614 versuchte eine Potsdamerin, die für ihr Haus das Braurecht besaß, ihr fades Bier auf grauslige Art zu würzen. Ihre Magd fand auf dem Boden des Braufasses zwei in Lappen gewickelte Leichenteile, einen Finger und ein in der lateinisch abgefassten Gerichtsakte mal als „penes“, mal als pollex (Großer Zeh) bezeichnetes Glied. Für spätere deutsche Texte einigte man sich auf Großer Zeh.

Das vergnügliche Büchlein führt den Leser zu den 31 Potsdamer Kleinbrauereien in Häusern mit Braugerechtigkeit, darunter Junker und Pflug, die sogar zu Namensgebern für Straßen wurden. Er berichtet über das Tabakskollegium des Soldatenkönigs, über die Bierpatrouillen, die nach dem Zapfenstreich zechende Soldaten aus den Kneipen holten, und die „Potsdamer Stange“ als deutschlandweit bekannte Biersorte. Im Luisenjahr fehlt auch das Rezept für eine „Preußische Biersuppe nach einem Rezept der Königin Luise“ nicht, mit sechs Eiern auf den Liter.

Bei Straffung des ersten Teils über die allgemeine Geschichte des Bierbrauens hätte der Autor ein paar Seiten über die Potsdamer Biertradition der letzten Jahrzehnte unterbringen können. So erfährt der Leser nur, dass wir zu DDR-Zeiten ab den 1970er Jahren „Dessauer Pisse“ trinken mussten. 2002 seien in der Traditionsbrauerei am Brauhausberg die Lichter ausgegangen. Ganz so war es nicht. Dort gingen die Lichter schon 1981 aus, nachdem das Bier einen unterirdischen Standard erreicht hatte. In Leserbriefen an die BNN mit Titeln wie „Naturtrüb und mit Wasserflöhen“ und dann auch in Glossen auf das nahezu untrinkbare Dessauer Bier machten sich die Trinker darüber Luft. Diese Veröffentlichungen brachten der Redaktion den Vorwurf des damaligen Bezirkswirtschaftsrates ein, sie sabotiere die Getränkeversorgung der werktätigen Bevölkerung. Bis 1981 wurde dann auf dem Industriegelände Rehbrücke eine moderne neue Brauerei gebaut. Wenn sie manchmal auch entgegen dem Reinheitsgebot aus Reis statt aus Gerste braute, ihr Bier war durchaus trinkbar. Nach der Wende von der Kindl-Brauerei aufgekauft, wurde sie 2002 stillgelegt. Das Rex-Pils kommt heute aus Berlin. Die Potsdamer Brautradition wird hochgehalten von den Gasthausbrauereien des Krongutes, der Meierei im Neuen Garten und des „Forsthauses Templin“.

Volker Schobeß, Vom Klosterbier zum Bornstedter Büffel. Geschichten vom Brauwesen in Brandenburg-Preußen, Trafo Literaturverlag, Berlin 2010, 112 Seiten, 47 Abbildungen, 16,80 Euro, ISBN 978-3-89626-934-8

Erhart Hohenstein

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