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Potsdams historische Mitte: Lob und Tadel für die Pläne zur Alten Fahrt

Dreifache Vergabe an Kondor Wessels kritisiert Jesse: Genossenschaftsangebot „nicht auswählbar“

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Innenstadt - Zwar gilt die Neubebauung der Alten Fahrt gemäß Leitbautenkonzept auch den meisten Bauausschussmitgliedern als großer Wurf – Kritik setzte es im Ausschuss am Dienstagabend dennoch. Eine „solide Langeweile“ verströme, was der Ex-Sanierungsträgerchef und derzeitige Geschäftsführer der zur Pro Potsdam gehörenden Polo GmbH, Erich Jesse, sowie der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) da etwa für die Humboldtstraße 1/2 vorlegen, erklärte Klipps Parteikollegin Saskia Hüneke. Jesse und Klipp hatten die Sieger im Bieterverfahren bereits am Dienstagvormittag den Medien präsentiert (PNN berichteten). Hüneke habe da „ein großes Wort gelassen ausgesprochen“, entgegnete der Ausschussvorsitzende Rolf Kutzmutz (Die Linke) auf Hünekes Äußerung und bat um eine „maßvolle Beurteilung“.

Saskia Hüneke, für die es „eine Menge gibt, wo wir ein frohes Häkchen ranmachen können“, kritisierte, dass die Häuser der Humboldtstraße 1,2 und 3 an einen Investor vergeben werden, an die Kondor Wessels Holding GmbH. Das sei nicht die kleinteilige Vergabe, die Klipp gepriesen habe. Dabei steht der Zuschlag für die Humboldtstraße 1/2 unter besonderem Augenmerk, da sich für das Ärztehaus auch eine Baugemeinschaft bewarb, die nun Ungereimtheiten kritisierte (PNN berichteten). Die Bietergemeinschaft Ärztehaus am Stadtschloss Potsdam GmbH hatte eigenen Angaben zufolge für ihren Architekturentwurf die höchste Punktzahl erhalten und beim Kaufpreis nur wenig unter anderen Angeboten gelegen.

Der Gestaltungsrat, erst spät hinzugezogen, habe „sich stark an ästhetischen Gesichtspunkten orientiert“, entgegnete Jesse. Dennoch: „Dieser Bieter wäre bei allen Kriterien Dritter gewesen.“ Und: „Die hätten nie Erster werden können.“ Und weiter: „Wir nehmen nicht die, die den meisten Wind machen“, sagte Jesse.

Klipp erklärte, mit der Vergabe an Kondor Wessels verhalte sich die Stadt „konform zu den Beschlüssen“. Die architektonische Vielfalt werde dadurch gewahrt, dass der Investor verschiedene Architekten beschäftigt, das Büro Hilmer & Sattler und Albrecht für die Humboldtstraße 1/2 und Bernd Redlich für die Nr. 3.

Jesse, der „knurrig“ war, weil er zeitweilig die städtische Antikorruptionsbeauftragte im Hause hatte, beantworte die Frage Steffen Pfrogners (Linke), warum die Genossenschaften nicht zum Zuge kamen: Diese „waren weder von der Architektur noch vom Kaufpreis her auswählbar“.

Sven Brödno (Die Andere) zufolge werde die Mitte „durchgentrifiziert“, die Alte Fahrt werde „zur Spielwiese für die gehobene Klasse“. Jesse entgegnete, dass die Einnahmen für den Verkauf der Flächen zur Herrichtung des öffentlichen Raums in der Mitte dienten. Jesse: „Ich kann nicht sehen, dass die Uferpromenade an der Alten Fahrt nur für die Reichen ist.“ Zur Gestaltung der Uferzone kündigte Jesse einen Wettbewerb an. Das Schlusswort des Abends sprach Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis): Wenn nur 85 Prozent der Pläne verwirklicht werden, „zeigen wir Dresden, was eine Harke ist“. Damit bezog sich Kirsch auf die umstrittene Rekonstruktion des Dresdner Neumarktes.

Beim Stadtforum Potsdam werden die Pläne für die Alte Fahrt heute ab 19 im Treffpunkt Freizeit, Am Neuen Garten 64, vorgestellt.

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