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Landeshauptstadt: Lobhudelei auf Potsdam

20. Sitzung des Stadtforums zum Thema „Potsdam von außen“

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20. Sitzung des Stadtforums zum Thema „Potsdam von außen“ Erstaunliches war auf der 20. Sitzung des Stadtforums Donnerstagabend im Alten Rathaus zu erfahren: Potsdam ist viel bedeutender als seine Bewohner wahr haben wollen. Es ging um die Außenwirkung der Stadt, da war viel Gutes zu hören, manches grenzte an Lobhudelei. „Potsdam – was fällt einem dabei ein?“ – fragt Dr. Roland Bernecker von der Deutschen UNESCO-Kommission und antwortet selbst: „Es ist grandios.“ Und: „Es ist eine jugendliche Stadt, fragen Sie mich nicht warum.“ Im Reigen der Unesco-Welterbestätten spielt die Preußenmetropole offenbar eine große Rolle: „Potsdam hat internationale Dimensionen ohne es zu merken.“ Die Binnenwahrnehmung erreiche nicht die internationale Höhe. Unter den dreißig deutschen Welterbestätten jedenfalls sei Potsdam „etwas Besonderes“. Und nach Anzeichen eines sorglosen Umganges mit dem Weltkulturerbe vor Jahren sei der Unesco-Kommissar jetzt sicher, dass der hohe Schutzstatus gewährleistet sei. Oberbürgermeister Jann Jakobs, der mit seinen drei weiblichen Beigeordneten an der Veranstaltung teilnahm, hörte die Unesco-Botschaft sichtlich mit Wohlgefallen, wenn es auch in der Diskussion kritische Bemerkungen darüber gab, dass die Stadt zu wenig unternehme, um ihre Bedeutung herauszukehren: Es fehlen Hinweise auf das Welterbe und einen Informationspunkt, zum Beispiel an der Glienicker Brücke. Einen Blick von außen haben viel gereiste Wissenschaftler. Im Stadt Forum kamen der Amerikaner Bernard Schutz und der Schweizer Carlo Jäger zu Wort. Schutz, in New York aufgewachsen und ausgebildet, leitet das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Potsdam stehe in Konkurrenz mit anderen Städten wie auch die Wissenschaftler in Konkurrenz stünden. Schutz nannte den Namen von Silicon Valley, der berühmten Hightech-Schmiede, und zu aller Erstaunen bemerkte er: „Potsdam gehört in diese Klasse“. Ganz soweit ist es wohl noch nicht. Schutz nennt triftige Gründe, warum die Stadt als Wissenschaftsstandort der internationalen Konkurrenz trotzen könnte: „Potsdam ist sehr schön, es hat eine gute Infrastruktur und es hat Berlin.“ Der Berliner Ex-Senator Volker Hassemer sieht von hier aus den Nachbar Berlin gar so, dass die Magistrale von der Landeshauptstadt aus betrachtet „nur“ eine Stadt im Land Brandenburg ist – eine Zukunftsansicht. Natürlich gibt es auch negative Standortfaktoren. Zum Beispiel fehle eine englischsprachige Schule, wie die JFK- Schule in Zehlendorf, beklagt Schutz. Und der Klimafolgenforscher Carlo Jäger macht gar einen menschlichen Unterschied zu Konkurrenzstädten aus: „Die meisten Studenten hier können sich nicht vorstellen, eine Firma zu gründen, sie haben nur Angst vor Arbeitslosigkeit.“ Wenn Potsdam in Zukunft als Wissenschaftsstandort bestehen wolle, müsse eine „Welle von Betriebsgründungen“ einsetzten, meint Jäger. Ob diese „Welle“ aus Potsdamer Wasser besteht, scheint zweifelhaft. Denn wie der Gravitationsphysiker Schutz berichtet, sind seine Wissenschaftler nicht „Einsteins mit weißen Haaren“, sondern junge Menschen mit den Ansprüchen junger Menschen. Und diese wohnen hauptsächlich in Berlin. So bleibt am Ende eine sympathisierende Sicht von außen auf Potsdam – ob diese zu einem Aufschwung führt, muss sich noch beweisen. Günter Schenke

Günter Schenke

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