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Der Wahnsinn beginnt. Elias Harris ist mit den Gonzaga Bulldogs noch nie in die Runde der besten 16 Teams eingezogen.

© AFP

Sport: Mach den Rödl

Der Deutsche Elias Harris hat gute Chancen auf den Titel im College-Basketball

Stand:

Berlin - Elias Harris ist nicht der neue Dirk Nowitzki. Man muss das in diesen Tagen betonen, weil die Leute nicht nur in den USA wegen der anstehenden College-Meisterschaft verrückt spielen. Auch in Deutschland lässt man sich gern zu gewagten Prognosen verleiten, wenn ein Deutscher im Mutterland des Basketballs für Schlagzeilen sorgt. Sollte Elias Harris Anfang April mit seinen Gonzaga Bulldogs wirklich den Titel im amerikanischen College-Basketball gewinnen, werden wohl wieder einige Experten von einer Wachablösung sprechen. Von einem Deutschen, der die NBA erobert, der womöglich Dirk Nowitzki beerbt. Bis auf die Nationalität, die Liebe zum Basketball und das Land, in dem die beiden leben, haben Harris und Nowitzki allerdings nicht viel gemeinsam. Genausowenig wie der vor wenigen Wochen in die NBA gewechselte Tim Ohlbrecht.

Harris ist ein 2,03 Meter großes und 108 Kilogramm schweres Kraftpaket: flinke Beine, lange Arme, starker Zug zum Korb. Einer, der sich zwischen Zone und Dreierlinie bewegt, der in der Verteidigung Lücken stopft, um jeden Ball kämpft und in der Offense den offenen Sprungwurf trifft. Er ist kein Superstar wie Nowitzki, das kann und er muss er auch nicht sein. Vielmehr ist Harris ein so genannter „Energizer“, einer wie Ademola Okulaja. Der ehemalige Spieler von Alba Berlin versuchte es ebenfalls in der NBA, nachdem er am College in North Carolina für Furore gesorgt hatte. Okulaja schaffte jedoch nie den endgültigen Sprung in die Eliteliga.

Harris wird diesen Schritt sehr wahrscheinlich schon in diesem Sommer gehen. Bei der jährlichen Talentauswahl, dem Draft, bescheinigt man ihm gute Chancen, von einem NBA-Team ausgesucht zu werden. Dass das noch nicht den direkten Weg in die Liga bedeutet, zeigten allerdings schon einige verheißungsvolle Talente wie Peter Fehse, Tibor Pleiß und Jan-Hendrik Jagla. Vorerst ist Harris also gut beraten, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren – und die könnte für einen jungen Basketballer aufregender kaum sein.

Denn in den USA beginnt die so genannte „March Madness“. Innerhalb von drei Wochen spielen die besten Universitäten des Landes die Basketball-Meisterschaft untereinander aus. 68 Teams, ausverkaufte Hallen mit 20 000 Zuschauern, laut der Tageszeitung „Las Vegas Sun“ vier mal so viele Sportwetten wie beim Super Bowl. Und ein Fernsehvertrag, der der Dachorganisation NCAA 771 Millionen Dollar pro Jahr garantiert – fast so viel, wie auch die Fußball-Bundesliga bekommt. Dazu ein K.o.-System, das regelmäßig für Überraschungen sorgt. Wenn etwa wie im Vorjahr die kleine Lehigh University den Serienmeister Duke Blue Devils in der ersten Runde rauswirft. March Madness eben, ganz normaler Wahnsinn in den USA. Auch Elias Harris, der 2009 nach Gonzaga kam, musste sich erst an die Bedeutung dieser Wochen gewöhnen. „Ich kam aus Deutschland und hatte überhaupt keine Ahnung, wie das hier alles abläuft“ erzählte er bei einem TV-Auftritt. Der Speyerer, Sohn eines ehemaligen amerikanischen Soldaten, überzeugte trotzdem sofort. Schon nach seinem ersten Jahr legten ihm einige einen Wechsel in die NBA nahe. Doch Harris lehnte ab und spielt nun schon sein viertes Jahr für die Bulldogs. Er ist der viertbeste Punktesammler und beste Rebounder in der Geschichte der Universität, in der vergangenen Woche wurde er sogar zum wertvollsten Spieler der Westküste ernannt. Nun versucht er, die erste Meisterschaft für das kleine Jesuiten-College im Bundesstaat Washington zu holen. Harris wäre nach Niels Giffey und Enosch Wolf, die den Titel vor zwei Jahren gewannen, bereits der dritte Deutsche binnen drei Jahren, dem das gelänge. Zuvor war Alba-Legende Henrik Rödl lange Jahre der letzte deutsche Collegemeister gewesen.

Die Chancen für Harris stehen nicht schlecht, die Favoriten schwächeln und Gonzaga ist mit einer Bilanz von 31 Siegen und zwei Niederlagen sogar erstmals an Platz eins für die K.o.-Runde gesetzt. Heute startet Harris mit seinem Team als klarer Favorit gegen die Southern University in die 75. Auflage des Turniers - sein letztes. Ziel ist Atlanta, das Finale, der Titel. Für den 23-Jährigen gilt deshalb nicht: Sei der nächste Nowitzki. Vorerst würde reichen, was Jan-Hendrik Jagla auf Twitter einforderte: „Mach’ den Rödl!“ Sebastian Schuldt

Sebastian Schuldt

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