zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Machen sich Banker strafbar? Diskussion zu Strafrecht und Finanzkrise

Sie haben Milliarden in den Sand gesetzt, Rentner um ihre Ersparnisse gebracht und nun müssen die Steuerzahler für die Schäden einstehen. „Banker in den Knast?

Stand:

Sie haben Milliarden in den Sand gesetzt, Rentner um ihre Ersparnisse gebracht und nun müssen die Steuerzahler für die Schäden einstehen. „Banker in den Knast?“ fragten daher die Friedrich-Ebert-Stiftung und die brandenburgische Kriminalpolitische Vereinigung bei einer Diskussion in dieser Woche an der Uni Potsdam. Der Hörsaal am Campus Griebnitzsee war gut besucht. Trotz des ernsten Themas ließ Uwe Hellmann die Zuhörer schmunzeln. Der Potsdamer Professor bezeichnete sich als „armen Brandenburger Beamten“. Er unterrichtet Wirtschaftsstrafrecht an der Uni Potsdam und erklärte, dass er sich höchstens „vierstellige Euro-Beträge“ vorstellen könnte, nicht aber die Summen, die auf den globalen Finanzmärkten gehandelt werden. Er illustrierte das mit Zahlen aus dem Jahr 2006. 13 300 Milliarden Dollar gingen damals um den Globus – täglich. Dieser Handel sei weitgehend unreguliert, das heißt, was dort passiere sei legal.

Daher glaubt Jura-Professor Hellmann, das Strafrecht tauge nicht dazu, mit der Finanzkrise umzugehen. Das Strafrecht kümmere sich um das Fehlverhalten einzelner, die gegen Gesetze verstoßen. „Hier greift der Bestimmtheitsgrundsatz.“ Der besagt, dass Bürger die Folgen ihres Handelns absehen müssen. Wenn sie also etwas Legales tun, könnten sie nicht bestraft werden. Die gehandelten Finanzprodukte seien eben legal. Ein Banker mache sich daher nicht strafbar, wenn er Anleihen der Investmentbank Lehman-Brothers verkauft, obwohl diese Anleihen das Risiko des Totalverlusts bergen, wenn der Schuldner Pleite geht. Käufer bekommen den Zins ja gerade dafür, dass sie mit einer Pleite rechnen müssten. Es sei also kein Betrug, wenn der Schuldner nicht zahlen kann.

Jurist Hellmann erklärte den Zuhörern, dass es auch keiner neuen Straftatbestände bedürfe. Vielmehr forderte er aufgeklärte Anleger. Wenn er als „armer Brandenburger Beamter“ ab und zu 1000 Euro anlege, dann nur in etwas, was er versteht. Tilman Sprockhoff war anderer Ansicht. Der Richter in einer Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Berlin differenzierte: Wenn jemand auf eigene Rechnung handelt, dann sei das seine Sache. Wenn aber jemand mit fremdem Geld Verlust mit Finanzprodukten macht, dann hat er womöglich seine Sorgfaltspflicht verletzt. Genau dieser Fall könne bei Bankmanagern zutreffen, die ja nicht mit eigenem Geld handeln. Hier könnte es sich durchaus um Untreue handeln. Ein Zeichen dafür sei, wenn bei Entscheidungen Kontrollinstanzen umgangen werden, wie die Controlling-Abteilung oder der Vorstand. Jedoch dämpfte Richter Sprockhoff die Erwartungen der Zuhörer: „Bei Mammutverfahren gerät die Justiz schnell an ihre Grenze.“

Nach den Vorträgen äußerten sich drei Rentner entrüstet darüber, dass das Strafrecht nicht gegen die Finanzkrise helfe. Uwe Hellmann versuchte noch einmal zu erklären: Wenn etwas erst strafbar ist, weil es Verluste gibt, dann hätte das gleiche Verhalten – der Handel mit Anleihen – auch dann strafbar sein müssen, wenn damit Gewinn gemacht wurde. Der Potsdamer Jura-Professor hätte nichts dagegen Spekulation einzuschränken. „An den Spotmärkten wird täglich das Mehrfache der realen Ölmenge gehandelt; bei jedem Verkauf kassiert jemand und es steigt der Preis.“ Das sei unnütz, hier könnte einiges verboten werden. „Da bin ich der Letzte, der etwas dagegen sagt“, schloss Hellmann. Mathias Hamann

Mathias Hamann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })