
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Machtprobe
Der Streit zwischen Kita-Trägern und Stadt eskaliert. Das gefährdet dringend nötige neue Betreuungsplätze
Stand:
Eigentlich wäre die Stadt jetzt auf die Hilfe der Kita-Träger angewiesen. Schließlich kam vor wenigen Wochen heraus, dass deutlich mehr Kinder in der Stadt leben als bislang angenommen – und damit deutlich mehr Krippen- und Kindergartenplätze nötig sind (PNN berichteten). Weil die Stadt selbst keine Kitas mehr betreibt, sondern die Kinderbetreuung schon vor Jahren komplett in die Hand privater Träger gegeben hat, ist sie nun darauf angewiesen, dass diese zusätzliche Plätze schaffen – durch eine noch höhere Auslastung und durch Neubauten. Doch weil es schon seit Jahren knirscht zwischen der Stadtverwaltung und den Trägern, stellen diese nun auf stur – zumindest ein Teil von ihnen.
Angefangen habe es mit dem „Generationswechsel“ im für die Kitas zuständigen Jugendamt, sagt der Geschäftsführer der Fröbel-Gruppe, Stefan Spieker. Mit anderen Worten: Seit Reinhold Tölke Jugendamtschef ist. Bis dahin habe das System immer gut funktioniert, sagt auch die Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt (Awo), Angela Basekow. „Das ist jetzt vorbei.“
Vor allem geht es um die Finanzierung von Kita-Neubauten. Die Stadt will jetzt die Abschreibungsfristen verlängern, also das Geld über einen längeren Zeitraum zurückzahlen. Das Argument der Verwaltung: So werden die mit Steuermitteln finanzierten Gebäude länger für die Kinderbetreuung genutzt und wandern nicht ins „Immobilienportfolio“ der Träger. Für die Träger bedeutet das aber eine deutliche finanzielle Mehrbelastung. Sieben von ihnen haben sich deshalb zu einem losen Verbund zusammengeschlossen, um gemeinsam gegenüber der Stadt auftreten zu können. Neben der Awo und der Fröbel-Gruppe gehören laut Basekow auch das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), der Landessportbund, der Paritätische, das Oberlinhaus und Independent Living dazu. Eigenen Angaben zufolge vertreten sie damit etwa die Hälfte der Kitas in Potsdam – und vereinen vor allem jene, die in den vergangenen Jahren in Neubauten investiert haben.
Gemeinsam wollen sie gegen die neue Finanzierungsrichtlinie der Stadt vorgehen. Fröbel-Geschäftsführer Spieker macht ein Beispiel, was die neue Politik des Jugendamts für Auswirkungen hat: Für eine Kita in Babelsberg muss Fröbel nun mit 60 000 Euro weniger jährlich auskommen als ursprünglich von der Stadt schriftlich zugesagt. Der Träger ist deswegen nun vor das Verwaltungsgericht gezogen. „Ein Schritt, den wir normalerweise versuchen zu vermeiden.“
Generell warteten die Träger jahrelang auf die Bescheide über die Kostenübernahme von der Stadt, teilweise ginge dies bis zum Jahr 2011 zurück, wie auch Basekow bestätigt. Die Stadtverwaltung bestreitet dies auf PNN-Anfrage nicht. „Das kann sein“, sagte Sprecher Jan Brunzlow. Hintergrund sei, dass die Finanzierung der Kitas derzeit von Wirtschaftsprüfern untersucht werde. Ein Abschlussbericht werde noch in diesem Jahr vorliegen. Auch die Träger haben ihrerseits Wirtschaftsprüfer beauftragt – am 13. April soll es ein erstes gemeinsames Treffen mit den Prüfern und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) geben.
Dass die Stadt vor diesem Hintergrund eine Erhöhung der Kapazitäten verlange – und das per Brief –, empört Awo-Chefin Basekow. Sieben Kitas habe die Arbeiterwohlfahrt in den vergangenen Jahren in Potsdam errichtet – die achte in der Waldstadt, die im Sommer öffnen soll, könnte die letzte sein, so ihre Drohung.
Auch bei Fröbel ist man frustriert und verärgert über die Forderung der Stadt. Zahlreiche Vorschläge für Neubauten von oder Umbauten zu Kitas seien in den vergangen Jahren abgelehnt worden, sagte Spieker. Als Beispiele nannte er die Siemensvilla oder ein denkmalgeschütztes Gebäude am Krongut Bornstedt, die der Träger gerne zu Kitas umgebaut hätte. Weil es von der Stadt aber keine verbindliche Zusage über die Finanzierung gegeben habe, seien diese und mehrere andere Projekete gescheitert. „Wir hätten rund 500 Kitaplätze schaffen können“, so Spieker. Stadtsprecher Brunzlow sagte dazu, dass die Vorschläge der Träger immer auf Eignung und Finanzierbarkeit geprüft würden. Auch der Bedarf sei nicht in allen Stadtteilen gegeben.
Stadtweit gesehen ist der Bedarf nun allerdings sehr wohl groß – offenbar vor allem im Norden. Die Stadt verweist nun auf eine Aufstockung der Tagespflege und auf bereits geplante Neubauten. Doch ohne die Mitwirkung der Träger wird das nicht zu schaffen sein.
Katahrina Wiechers
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