Von Erhart Hohenstein: Magisches Licht
Vasen im Stibadium: Sieben Formen und fünf Farben
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Wenn das Stibadium im Paradiesgärtl an der Maulbeerallee im Herbst 2009 am Tag des Denkmals wieder eingeweiht wird, wünschen sich die Restauratoren Sonnenschein. In diesem Fall würde nämlich durch die 40 ringsum in den Öffnungen des Frieses stehenden Vasen verschiedenfarbiges Licht in das Innere fallen. „Magisches Licht“ hat es der Autor August Kopisch genannt, der 1854 den zehn Jahre zuvor errichteten Gartenpavillon beschrieb. Die in einer tschechischen Glasbläserei erneuerten Vasen wurden gestern durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten vorgestellt.
Ihre Wiederherstellung rückte mit der in diesem Jahr begonnenen Sanierung des Bauwerks in den Blickpunkt. Käthe Klappenbach, in der Stiftung Expertin für historische Beleuchtungskörper, gewann dafür den im nordböhmischen Kamenicky Senov (Steinschönau) tätigen Glasverleger Peter Rath, der schon seit zehn Jahren mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zusammenarbeitet. Nur 14 der 40 Vasen haben sich erhalten, davon sechs unbeschädigt. Bei der Erneuerung mussten nicht nur die sieben unterschiedlichen Formen der zwischen 40 und 60 Zentimeter hohen Gefäße rekonstruiert werden, schwieriger noch war es, den ursprünglichen Farbton zu treffen. Dabei half durch seine Analysen der vormals bei der Akademie der Wissenschaften tätige Chemiker Wolfgang Müller. In Hellgrün, Dunkelgrün, Blau, Rubinrot und Weiß präsentierten sich die Vasen gestern in der Turmgalerie der Orangerie von Sanssouci.
Die Idee, das Stibadium (Atrium) mit Hilfe der Vasen zu illuminieren, war einzigartig, stellte die Stiftungskustodin für die Glassammlung, Susanne Evers, bei ihren Recherchen fest. Solch ein Einfall ist dem Bauherrn, dem „Romantiker auf dem Thron“ König Friedrich Wilhelm IV., durchaus zuzutrauen. Die Vasen wurden seinerzeit höchstwahrscheinlich in der Josephinenhütte im heute polnischen Schreiberhau (Szklarska Poreba) hergestellt. Die Hütte ist nicht erhalten, deshalb war es ein Glücksfall, dass sich die Glasbläser von Steinschönau an die komplizierte Nachfertigung der Vasen herantrauten und sie meisterten.
Das als Ruheplatz genutzte Stibadium war 1844/45 nach Ideen des Königs, der dazu Beschreibungen des Römers Plinius d. J. zu Rate zog, und Zeichnungen von Ludwig Persius errichtet worden. Es besteht nach antikem Vorbild aus einem nach oben offenen Raum mit einem von Säulen umstandenen Wasserbecken zum Auffangen des Regenwassers. In der Beckenmitte befand sich auf einem Sockel die Skulptur eines Adlers, der ein Reh schlägt. Das von Leopold Bürde 1846 geschaffene Kunstwerk wird ebenfalls wieder hergestellt. An der Westseite schließt sich ein überdachter Raum an.
Das Bauwerk war vor allem in jüngster Zeit immer stärker verfallen. Die Schlösserstiftung war lediglich in der Lage, die dringlichsten Sicherungsmaßnahmen zu finanzieren. Der Freundeskreis des Botanischen Gartens, zu dem das Paradiesgärtl gehört, hatte sich seit Jahren um die Sanierung des Stibadiums bemüht. Durch eine von seiner Schirmherrin Ingrid Stolpe und ihren Ehemann Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe eingeworbene und über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz vermittelte Förderung der Hasso-Plattner-Stiftung in Höhe von 265 000 Euro konnte die auf 600 000 Euro geschätzte Komplettinstandsetzung gesichert werden.
Erhart Hohenstein
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