Landeshauptstadt: Maier lehnt Stipendium ab
Renommierter Autor bezeichnet vorgelegten Vertrag als „absurd“, Jakobs spricht von Schaden für Potsdam
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Renommierter Autor bezeichnet vorgelegten Vertrag als „absurd“, Jakobs spricht von Schaden für Potsdam Das Theaterstück um das Potsdamer Literaturstipendium ist zu einer Tragödie geworden. Mit einem Fax informierte Andreas Maier gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs, dass er „das nie erhaltene Stipendium“ zurückgibt. Der am Montagabend dem Stipendiaten erstmals vorgelegte Vertrag habe nichts mehr mit der ursprünglichen Ausschreibung des Literaturstipendiums zu tun. In dem Schreiben an Jakobs heißt es weiter: „Das Kulturamt hat nichts weiter gemacht, als die eigene Planlosigkeit mit teilweise hintertriebenen Mitteln auf meinem Rücken abzuladen“. Und: „Mit ihrem Kulturamt möchte ich nichts mehr zu tun haben.“ Die Stadt Potsdam mit Oberbürgermeister Jann Jakobs reagierte am Dienstagabend mit einem kurzen Statement auf Maiers Absage: Er bedauere, dass „durch die emotional ausgetragene, öffentliche Diskussion“ alle Seiten beschädigt worden sind. Einen Nachrücker für das Stipendium aus dem Pool der Bewerber soll es nicht geben. Einer neuer Versuch, ein Stipendium zu vergeben, werde im kommenden Jahr unternommen. Das soll nach PNN-Informationen für einen Künstler und im Jahr 2006 für einen Artisten ausgeschrieben werden. Andreas Maier, der mit „Wäldchestag“ und „Klausen“ zwei beachtete Romane schrieb und mehrere Preise gewann, sollte Potsdams erster Stadtschreiber werden und die Stadt auf dem Weg der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2010 schmücken. Das Stipendium, ursprünglicher Beginn war der 1. November, wurde wegen der fehlenden Wohnung auf den 22. November verschoben. Ein Vertrag lag Maier seinen Aussagen nach aber erst am 22. November vor. Dessen Inhalt bezeichnete der 37-Jährige als „absurd“. „So etwas habe ich im Leben noch nicht gelesen“, sagte Maier. Darin habe gestanden, dass er Texte über das Alltagsleben der Potsdamer schreiben soll, diese abliefert und der Stadt danach zur Verfügung stellt. Zudem sollte er „einzelnen Fördermittelgebern des Stipendiums bei Veranstaltungen honorarfrei zur Verfügung stehen“. Maier wolle sich jedoch nicht mit den Leuten an einen Tisch setzen, die ihn mit ihren Pressemitteilungen einen deutschlandweiten Ruf des verwöhnten Literaten, der lieber im Schloss als in der Plattenbausiedlung Potsdam Waldstadt II wohne, bescherten. „Bild“ schrieb daraufhin über ihn auf Seite 1 – in der Rubrik Verlierer des Tages. Auch andere überregionale Tagesblätter widmeten dem renommierten Autor Zeilen im Feuilleton, meist ohne selbst mit ihm gesprochen zu haben. Ausgangspunkt der kulturpolitischen Verwerfungen war ein Streit zwischen Stipendiums-Jury, deren Vorsitzende Hanne Landbeck sich inzwischen von ihrem ehrenamtlichen Engagement im Beirat für Kulturförderung verabschiedete, und der Stadtverwaltung über den Wohnort Maiers während seiner Zeit in Potsdam. Die Jury bevorzugte eine innerstädtische Lage im kulturellen Zentrum, die Stadt bot ihm eine Wohnung in der Waldstadt II. Auch ein Angebot von Hendrik Röder, Geschäftsstellenleiter des Brandenburgischen Literaturbüros und Jurymitglied, eine mietfreie Wohnung in der Nähe des Nauener Tors gefunden zu haben, für die die Stadt die Betriebskosten aufbringen müsste, wurde seitens der Stadt abgelehnt. Einige der zehn Jurymitglieder hätten sogar ihre Aufwandsentschädigung von 100 Euro für die Bezahlung der Betriebskosten zur Verfügung gestellt. Doch die Stadt lehnte ab. Dabei stand die Person Maier ständig im Mittelpunkt einer Diskussion, die er nicht angeschoben, jedoch den PNN gegenüber kommentiert hatte. Laut Maier habe Potsdams Kulturamtsleiter Gerhard Meck in einem Telefonat Anfang dieser Woche ihm gegenüber gesagt: Die Stadt hätte Wohnungen in allen Stadtteilen besorgen können, doch wollte sie bewusst die Kulturförderung in die Randgebiete lenken. Am Sonntagabend machte Maier nun schriftlich das Angebot an den Oberbürgermeister Jakobs, auf die Wohnungsdiskussion sowie die möbilierte Unterkunft im Kiefernring 44 in der Waldstadt II zu verzichten und bei einem Freund ein Zimmer zu beziehen. Zudem habe er die Auszahlung des Stipendiums gefordert, sonst werde er das Stipendium zurück geben. Die Reaktion der Stadt sei eine Gesprächsanfrage von Jakobs gewesen, aber keine Antwort. „Meine Entscheidung ist damit endgültig“, sagt Maier am Dienstagabend in Frankfurt/Main. Die Pressekonferenz am heutigen Mittwoch, auf der Maier der Stadt neuen Glanz in der Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2010 bescheren sollte, wurde seitens der Stadt abgesagt. Zur 5. Brandenburgischen Literaturnacht am Freitag wolle er jedoch in Potsdam lesen. Hendrik Röder vom Literaturbüro bezeichnete die Vorgehensweise der Stadt als „ruinös“. Es schade dem Image der Kulturstadt. Auch Maier sagte, dass die vorgefallenen Dinge in der deutschen Autoren- und Kulturlandschaft bekannt werden und nicht zum guten Ruf von Potsdam beitragen. Jan Brunzlow
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