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In Brandenburg wurden ausschließlich Putenzuchtbetriebe mit dem verunreinigten Futtermais beliefert.

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Biopolymere für Plastik und Autoreifen

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Noch wird Plastik aus Erdöl oder Zuckerrüben hergestellt. Das wird sich in den kommenden zehn Jahren ändern, vermutet Bernd Merzenich. Holz und Gras wären als Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Polymeren an sich ebenso geeignet, stellt der Geschäftsführer der Pyramid Bioplastics Guben GmbH fest. In Guben entsteht gerade eine Fabrik zur Herstellung von Biopolymeren. Wie aus Zucker gewonnene Milchsäure zu Polymeren verarbeitet werden kann, untersuchen sechs Mitarbeiter des Fraunhofer Institutes für angewandte Polymerforschung (IAP) aus Potsdam.

Zunächst drei Chemiker und drei Verarbeitungsfachleute des Institutes werden in der Pilotanlage arbeiten. Die ersten Spatenstiche sind gemacht, ab Mitte 2010 soll die Anlage etwa 500 Tonnen Biopolymere pro Jahr erzeugen. „Das ist nicht besonders viel“, kommentiert Merzenich. Die eigentliche Produktionsanlage soll es immerhin auf 60 000 Tonnen pro Jahr bringen. Auch das liegt noch weit unterhalb des vermuteten Bedarfs von rund 600 000 Tonnen in Europa. Letztlich sollen Biopolymere wenigstens einen Teil der immerhin 15 Millionen Tonnen Verpackungskunststoffe, die jedes Jahr in Europa verbraucht werden, ersetzen.

„Die Leute sorgen sich um ihre Gesundheit“, meint Merzenich. Deshalb sei seine Pilotanlage gerade zur richtigen Zeit entstanden. Noch sind Biopolymere geringfügig teurer als solche, die aus Erdöl gewonnen werden. Aber das könnte sich ändern, wenn die Forschung noch ein wenig ausgereifter ist. „Um das Herstellungsverfahren laufend verbessern zu können, benötigen wir die Pilotanlage“, erklärt Merzenich.

Im Unterschied zu anderen synthetischen Polymeren werden Biopolymere von Pilzen und Bakterien im Idealfall vollständig zerlegt. Das kann jedoch auch problematisch sein. „Eine Einkaufstüte aus Biopolymeren kann sich nach einer halben Stunde Regen auch schon einmal auflösen. Dann liegen die Kartoffeln auf der Straße“, erklärt Merzenich. Bisher gibt es erst eine Anlage in den Vereinigten Staaten, die in ähnlichem Umfang Biopolymere herstellt. Weil aber abzusehen ist, dass Erdöl immer knapper und die Verbraucher immer umweltbewusster werden, liegen Bioprodukte im Trend.

Ist die Produktion in Guben erst einmal angelaufen, können aus dem hergestellten Granulat eine ganze Reihe von Produkten hergestellt werden. Die Palette reicht von der Klarsichtfolie für Karotten und Äpfel bis hin zu Komponenten für High-Tech Fernseher und Recorder. Weil die Anforderungen jedoch jeweils unterschiedlich sind, wird die Herstellung von den Potsdamer Forschern genau überwacht. Auch die Anwendungsmöglichkeiten sind noch nicht hinreichend erforscht. Ein kommerzieller Markt für Biopolymere entwickelt sich derzeit. „Potenzielle Hersteller von Produkten, die Biopolymere verarbeiten fürchten das ,Single-Source’-Problem“, weiß Merzenich. Gebe es nur eine oder wenige Fabriken, die Polymere erzeugen, könnte deren Ausfall die gesamte Produktion lahm legen.

Wie weit die Anwendungsmöglichkeiten reichen, erforscht ein Verbund von 14 Teilprojekten, den das Bundeslandwirtschaftsministerium mit 2,6 Millionen Euro fördert. Das Potsdamer IAP koordiniert den Verbund. Sein Ziel ist es unter anderem zu prüfen, wo und wie Biopolymere in Schäumen und Verpackungen synthetische Polymere ersetzen können. „Das ist keine Grundlagenforschung. Wir wollen die Molekülketten verlängern, damit Biopolymere auch bei großer Hitze, beispielsweise in Autoreifen und Schläuchen stabil sind“, erklärt Johannes Ganster das Forschungsziel. Dies gelinge, indem die Molekülketten in den Polymeren verlängert würden.

Während die Anwendungsmöglichkeiten der Polymere noch erforscht werden, ist der Anbau der Mais- oder Zuckerpflanzen als Rohstoff weitgehend unproblematisch. „Dafür müssen keine Wälder abgeholzt werden“, meint Merzenich. Das könne mit den vorhandenen und stillgelegten Anbauflächen in Europa bewältigt werden. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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