Sport: „Man darf nicht gleich die Flinte ins Korn werfen“
Volleyball-Trainer Volker Knedel über die jetzt beendete Saison des Zweitligisten SC Potsdam und Planungen für das kommende Spieljahr
Stand:
Als Tabellen-Fünfter beendete der SC Potsdam am Wochenende seine Saison in der 2. Volleyball-Bundesliga der Frauen. Seit Dezember 2003 wird die Mannschaft von Volker Knedel (44) trainiert.
Sind Sie enttäuscht über diesen fünften Platz, Herr Knedel?
Nein, das bin ich nicht.
Warum nicht?
Wir hatten im vergangenen Sommer zahlreiche Abgänge, die durch unsere Neuzugänge nicht alle adäquat ersetzt werden konnten, dazu kamen in dieser Saison zahlreiche verletzte Spielerinnen. Unter diesen Voraussetzungen ist Platz fünf vollkommen leistungsgerecht.
In der vergangenen Saison war Potsdam Sieger der Staffel Nord – was lief damals besser als in diesem Spieljahr?
Damals griffen viele Rädchen ineinander. Wir bekamen überraschend Spielerinnen dazu, die uns sehr halfen – Ramona Stucki und Martina Stoof beispielsweise, weil sich der TSV Spandau aufgelöst hatte, außerdem Ulrike Stolte, die von Dresden nach Potsdam zog. Wir hatten kaum Verletzte und eine sehr gut zusammengesetzte Mannschaft, die zu Saisonbeginn auch ein, zwei knappe Spiele noch gewann, was uns diesmal nicht gelang. Dadurch gestaltete sich der diesjährige Saisonverlauf auch schwieriger als der letztjährige.
Über welches Spiel in dieser Saison haben Sie sich am meisten gefreut?
Stolz sind wir darauf, dass wir mit unserem 3:2 bei Alemannia Aachen als einzige Mannschaft den Spitzenreiter und jetzigen Aufsteiger geschlagen haben. Das war eine tolle Sache und zeigte ebenso wie das knappe 2:3 gegen Aachen im Rückspiel, dass wir – wenn alle fit waren und auch sonst alles stimmte – gar nicht so schlecht spielten. Was uns aber nicht konstant über die gesamte Saison gelang.
Und über welches Spiel haben Sie sich am meisten ärgert?
Über unser Hinspiel gegen den USC Münster II, das wir mit 0:3 verloren. Das war wohl das Spiel, für das wir uns am meisten schämen müssen.
Welche Ihrer Spielerinnen hat Sie im Saisonverlauf besonders überrascht?
Kristina Schlechter hat mit am konstantesten gespielt, obwohl sie mit ganz schweren Rückenproblemen in die Saison gestartet war. Sie hat aber intensiv in der Reha an sich gearbeitet und dadurch Leistungen gebracht, auf die man sich im Saisonverlauf verlassen konnte.
Nach dem letzten Punktspiel, dass der SC am Samstag zu Hause gegen Essen mit 3:1 gewann, ließ die Mannschaft die Saison bei Chili Concarde ausklingen – ist jetzt erst einmal Trainingspause?
Nein, wir machen weiter, Trainingspause ist erst Anfang Juli. Einige unserer Spielerinnen trainieren jetzt allerdings konsequent nur noch Beach. Julia Großner und Sophia Labs sind ja Beach-Nachwuchskader, auch Maria Kleefisch konzentriert sich jetzt ganz auf den Sand, denn sie startet in der Deutschen Masters-Serie.
Wie sieht es personell aus? Libero Janina Krohe geht zurück nach Hamburg – hat außerdem schon jemand seinen Abschied angekündigt?
Bisher noch nicht. Ich hoffe und gehe davon aus, dass alle anderen Spielerinnen bleiben. Allerdings werden einige mit ihrem Studium fertig oder sind es schon. Julia Plaschke beispielsweise hat als Physiotherapeutin in einer Praxis begonnen und kann ihre Arbeitszeiten nicht selbst bestimmen, Kristina Schlechter und Alina Fröhlich beenden jetzt ihr Studium. Da weiß man auch noch nicht, wie es weiter geht. Daher gestaltet sich die personelle Planung sehr schwierig. Vor Anfang August werde ich wahrscheinlich keine Planungssicherheit haben.
Andererseits liebäugelt Ramona Stucki nach einem Jahr beim VC Biel in der Schweizer Nationalliga A mit ihrer Rückkehr nach Potsdam. Ist ihr Comeback schon sicher?
Voraussetzung für ihre Rückkehr ist, dass wir ihr hier in Potsdam eine berufliche Zukunft bieten. Daran arbeiten wir derzeit stark.
Gibt es schon weitere Zugänge für die nächste Saison?
Wir sind im Gespräch mit mehreren Spielerinnen, um uns zu verstärken. Das gestaltet sich aber schwierig, weil nicht viele gute und wechselwillige Volleyballerinnen auf dem Markt sind.
Der SC Potsdam hat einen Drei-Jahres-Plan zum Aufstieg in die erste Bundesliga. Der müsste demnach 2009 gelingen
Wir haben gesagt, dass wir versuchen, den Aufstieg zu schaffen, aber man muss dieses Ziel davon abhängig machen, ob man eine entsprechend gute Mannschaft erhält. Alle Pläne stehen und fallen damit.
Haben Sie für diese Pläne die finanzielle Rückendeckung Ihres Klubs?
Wir haben vom Verein die volle Unterstützung dafür, unsere Mannschaft zu verstärken. Wir können für Verhältnisse in der zweiten Bundesliga sogar sehr gute Angebote unterbreiten.
Werden Sie weiter Trainer des SC Potsdam bleiben?
Ja. Natürlich macht man sich mitunter Gedanken. Aber man darf nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn man etwas stagniert. In den letzten vier Jahren ging es steil bergauf – aus den Niederungen der Regionalliga bis hoch in die Spitze der zweiten Bundesliga. Das war schon eine große Entwicklung. Und wir haben jetzt ja auch keine schlimme Saison gespielt. Wir sind wie im Aufstiegsjahr Fünfter geworden, und man darf nicht den Blick für die Realität verlieren. Wenn man es nicht in die erste Liga schafft, sich aber in der zweiten als ständige Größe in der Spitzengruppe etablieren würde, wäre das auch toll und immer wieder schwer genug zu verwirklichen.
Das Interview führte Michael Meyer.
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