Interview mit dem Ortsvorsteher von Uetz-Paaren: „Man lässt mich da einfach auflaufen“
Interview mit Hans Becker, seit der Eingemeindung 2003 Ortsvorsteher von Uetz-Paaren
Stand:
Herr Becker, wenn Sie in eine ferne Gegend verreisen, sagen Sie den Leuten dort, „ich komme aus Potsdam“ oder „ich komme aus Uetz-Paaren bei Potsdam“?
Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht einmal im Urlaub (lacht).
Okay … ich fange anders an …
Hier ist alles ein bisschen anders …
Vielleicht so: Sind Sie stolz, ein Potsdamer zu sein?
Ja, ich bin stolz, ein Potsdamer zu sein. Das ist wirklich so.
Das können Sie sagen, ohne Ihre Uetz-Paarener Identität zu verleugnen?
Potsdam ist eine schöne Stadt, ist zentral gelegen. Die Leute kommen von weit her, um sich Potsdam anzusehen. Uetz-Paaren gehört seit zehn Jahren auch zu Potsdam, ist ein ein Teil von Potsdam. Allerdings muss sich die Stadt dem ländlichen Raum mehr widmen, sie muss sehen, welche Probleme da sind.
Erzählen Sie doch zunächst einmal, was sich in den zurückliegenden Jahren Positives in ihrem Ortsteil getan hat?
Wir konnten mit der Stadt Potsdam Projekte durchsetzen, die hätten wir als selbständiger Gemeinde nie machen können. Wir konnten das Schulgeld bezahlen und waren dann pleite.
Nennen Sie doch bitte Beispiele.
Wir haben den Weg zur Uetzer Siedlung, der mit Hilfe der Stadt Potsdam gebaut worden ist, wir haben die Buswende-Schleife und Straßensanierungen. Ganz hoch rechne ich der Stadt die Sicherung des Grundstücks für die Uetzer Wublitz-Fischer an. Das alles sind Dinge, die hätten wir allein nie machen können.
Und was lief nicht so gut, woran hapert es im Ortsteil?
Ich bin seit zehn Jahren Ortsbürgermeister bzw. Ortsvorsteher. Die ersten sieben Jahre waren schön. Probleme wurden abgehandelt. In den letzten zwei, drei Jahren stelle ich fest, dass es zwar heißt, „es wird gemacht“, jedoch nichts passiert. Es wird versprochen, aber nicht verwirklicht. Der Mai vergeht, das Jahr vergeht, es wird nicht gemacht. Ich bekomme es nicht eingefordert. Man wird als Ortsvorsteher dadurch unglaubwürdig vor den Bürgern. Es gibt Projekte im Dorf, die wichtig sind, die gar nicht viel Geld kosten, die ich einfach nicht umgesetzt kriege. Man lässt mich da einfach auflaufen. Also: Es gab eine schöne Zeit, aber jetzt ist eine gewisse Lethargie drin.
Welche Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?
Das Gutshaus in Paaren, das ist ganz, ganz wichtig. In zehn Jahren habe ich das Aufstellen eines Bauzauns erreicht, dass da niemand erschlagen wird. Mehr habe ich nicht erreicht. Obwohl mir in den letzten Jahren immer zugesichert wurde, „keine Frage, wir sind soweit“. Jetzt ist der Schwamm drin, das Gutshaus muss abgerissen werden. Bei dem zuständigen Verwaltungsmitarbeiter hatte ich nach Gesprächen immer das Gefühl, der denkt, „okay, jetzt war er wieder da, es war schön, er lebt noch“, aber das war es. Noch ein Beispiel: Wir haben einen Entwässerungsgraben im Ort, der sollte seit drei Jahren saniert werden. Jetzt habe ich wieder nachgefragt: Es wird auch in diesem Jahr nichts mehr.
Wünschen Sie mehr Rechte als Ortsvorsteher?
Es wäre nicht verkehrt, wir hätten in der Stadtverordnetenversammlung ein Mitbestimmungsrecht. Wir sprechen bis dato eine Empfehlung aus, können aber nicht mitbestimmen. Man fühlt sich sehr oft übergangen. Das müsste in der Kommunalverfassung geregelt werden. Andererseits müssten natürlich von den Ortsteilen auch mehr Themen eingebracht werden. Deshalb gilt meine Kritik nicht allein der Stadt – beide Seiten schwächeln. Es ist Sand im Getriebe, ein Ölwechsel ist nötig.
Noch ein Wort bitte zur geplanten Solaranlage direkt an der denkmalgeschützten Gutsanlage.
55 Hektar soll sie groß werden, 55 mal 10 000 Quadratmeter! Ich habe gesagt, das Projekt ist für mich zu groß, um da eine Entscheidung zu treffen. Die Bürger verhauen mich hinterher! Alle Bürger sind also in eine Gaststätte gegangen, sie haben ein Votum abgegeben. Das Ergebnis: Uetz, das schönste Dorf im Havelland und dann diese technische Anlage – das geht nicht. Alle Bürger – 100 Prozent – haben gegen die Solaranlage an diesem Standort gestimmt. Der Ort steht geschlossen und sagt nein. Ich weiß nicht, ob man einen Ort derart übergehen kann. Ich weiß es nicht. Aber jeder, der sich die Lage vor Ort ansieht, sagt: Die Bürger haben recht.
Das Interview führte Guido Berg
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