Landeshauptstadt: „Man muss Gräben zuschütten“
SPD-Fraktionschef Schubert über den Konflikt um den Landtagsneubau
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Zwischen dem Land und den Potsdamer Stadtverordneten wird über die Umrisse für den Landtagsneubau am Alten Markt gestritten. Finanzminister Rainer Speer (SPD) hat bereits mehrmals mit einem Ausstieg aus dem Projekt gedroht, sollten sich die Stadtverordneten am Mittwoch gegen den vorliegenden Bebauungsplanentwurf aussprechen. Dieser sieht an einigen Stellen Abweichungen (Baugrenzen) vom Grundriss des Knobelsdorff-Baus vor. Nur so seien die Einhaltung der Kosten von rund 85 Millionen Euro und ein funktionaler Bau möglich, meint Speer. Ein Teil der Stadtverordneten möchte aber, dass auf dem Original-Grundriss (Baulinien) gebaut wird. Über den Konflikt und Lösungen sprachen die PNN mit SPD-Fraktionschef Mike Schubert.
Herr Schubert, ist der Landtagsneubau am Alten Markt wirklich in Gefahr?
Wenn in der nächsten Woche ein Bebauungsplanentwurf mit einer Baulinie verabschiedet wird, dann ist er in Gefahr. Dies wird zur Folge haben, dass dieser Landtagsbau entweder auf dem Brauhausberg oder in den Nuthewiesen, jedenfalls nicht mehr in der Potsdamer Mitte steht.
Ursache für den Konflikt zwischen den Stadtverordneten und dem Land sind offenbar auch Zweifel daran, dass ein anspruchvoller Neubau gesichert ist.
Die Zweifel beruhen auf Erfahrungen mit Bauten wie dem Potsdam-Center oder dem IHK-Gebäude. Diese wurden jedoch von anderen Bauherren errichtet, nicht vom Land.
Die Stadtverordneten haben nur noch jetzt die Chance, mit zu entscheiden, wie der Neubau aussehen soll. Die Entscheidung trifft ein Auswahlgremium beim Land.
Wir sind nicht der Bauherr. Das Land investiert fast 100 Millionen Euro in der Mitte der Stadt. Dass es sich die Entscheidung vorbehält, kann ich nachvollziehen. Außerdem wird der Oberbürgermeister in der Auswahlkommission sitzen, neben Landtagsabgeordneten und dem Finanzminister. Es wird auch überlegt, international renommierte Architekten dazu zu holen, die bei der Bewertung der Entwürfe unterstützen.
Begründet sich die Reaktion der Stadtverordneten nicht auch darin, dass es einen Landtagsbeschluss gibt, in dem es heißt, es soll auf dem Um- und Aufriss des ehemaligen Knobelsdorff-Schlosses gebaut werden und sehr viel Geld ausgegeben wird, um dieses Baufeld freizulegen – und es nun nicht konsequent erscheint, sich vom Grundriss zu lösen?
Nein. Wir werden wahrscheinlich, auch wenn ich diesen Begriff nicht ganz gelungen finde, am Ende des Tages ein Landtagsschloss haben. Doch auch damit bekommen wir ein großes Geschenk. Ich glaube außerdem, dass auf Seiten des Landes die Verantwortung da ist und wahrgenommen wird, nicht einen quadratischen Kasten da hinzusetzen. Sich zu blamieren, kann nicht im Interesse des Landes sein.
Doch auch die so genannte Schlosskoalition scheint bisher uneinig, wie viel Knobelsdorff-Schloss der Bebauungsplan enthalten soll.
Da läuft noch ein Diskussionsprozess, das ist richtig.
Zeigen die Potsdamer Stadtverordneten, wie von Minister Speer schon einmal kritisiert, wieder zu wenig Demut?
Nein, es braucht keine neue Demutsdebatte. Denn die Schloss-Debatte läuft seit mehr als 15 Jahren in der Stadtverordnetenversammlung. Ich sehe in diesem Bebauungsplan auch die Chance, da jetzt einen Strich darunter zu machen. Aber das bedeutet natürlich, dass man akzeptieren muss, dass es zwei Seiten in der Stadt gibt und nicht nur Befürworter eines Schlosses mit Knobelsdorff-Fassade. Es ist vielleicht die letzte große Auseinandersetzung aus der Zeit der Wende, die noch geführt wird. Aber für den Bebauungsplan muss man sich aufeinander zu bewegen und Gräben zuschütten, die in 15 Jahren entstanden sind. Nur so entsteht am Ende etwas, das möglichst vielen Potsdamern gefällt.
Bisher sind die Signale von Seiten der Linken, ob sie bereit ist, den Konflikt um die Mitte beizulegen, sehr diffus.
Die Linkspartei.PDS hat eine konstruktive Begleitung des Landtagsneubaus angekündigt. Die Äußerungen, man wolle sich im Konflikt um die Architektur zurückhalten, sehe ich da als positives Signal. Wenn man der Meinung ist, dass innerhalb der Schlosskoalition die Entscheidung fallen muss, dann ist das eine konstruktive Begleitung. Sich jetzt hinzusetzen und zu sagen: Oh, wir nutzen die Chance und verbünden uns mit denjenigen, die diesen Entwurf des Bebauungsplans ablehnen, um den Neubau so zu Fall zu bringen, wäre das Gegenteil. Aber ich glaube, dass das Verantwortungsbewusstsein bei der Linkspartei so groß ist, dass dies nicht passiert.
Aber es ist ein Worst-Case-Szenario, dass die Linkspartei entgegen ihrer Überzeugung mit den Befürwortern eines reinen Schlossnachbaus stimmt und damit den Neubau kippt?
Ich bin sehr optimistisch, dass dies nicht passiert.
Ist die Auseinandersetzung um Baulinien und Baugrenzen noch vermittelbar?
In der Stadt ist dieser Konflikt vermittelbar. Doch außerhalb kann wahrscheinlich nicht jeder verstehen, warum die Potsdamer Stadtverordneten sich gerade darüber streiten, ob sie eine 100-Millionen-Investition wirklich haben wollen. Von den Landtagsabgeordneten hört man, dass man es im Land kaum versteht. Man darf nicht vergessen, dass viele der Landtagsabgeordneten in ihren Wahlkreisen für die Entscheidung für die Potsdamer Mitte herbe Kritik eingesteckt haben. Es ist nicht für jeden vermittelbar gewesen, warum man mit der Mitte unbedingt die teurere Variante wählen muss. Und ich glaube es wäre ganz schwer zu sagen, dass man jetzt eine noch teurere Variante wählt, weil es in Potsdam noch Wünsche gab.
Ist sich die SPD-Fraktion schon einig?
Wir werden am Montag noch einmal darüber reden – wir machen es uns nicht leicht. Und wir wären sicherlich daran interessiert, dass man über eine textliche Passage noch einmal ausdrückt, dass man eine möglichst Knobelsdorff-nahe Variante haben will.
Wie sieht ganz konkret das aus, was beschlossen werden sollte?
Das kann man heute nicht sagen. Nicht umsonst haben sich der Bau- und der Hauptausschuss in dieser Woche noch einmal vertagt. Das ist ein deutliches Signal, dass um einen Kompromiss gerungen wird. Es wird sich wohl alles erst in den letzten Stunden entscheiden. Aber ich hoffe, wir finden eine Lösung.
Interview: Sabine Schicketanz
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