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Links und rechts der Langen Brücke: Manipulation ohne Effekt

Peer Straube verteidigt das Rathaus beim Verfahren für den Bürgerhaushalt und glaubt, dass neue Wege dennoch erlaubt sind

Von Peer Straube

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Die Ziele sind sportlich. Und das buchstäblich. Allein vier Sportprojekte befinden sich unter den Top Ten für den neuen Bürgerhaushalt, dessen Abstimmungsverfahren in dieser Woche geendet hat. Das ist nicht verwunderlich in einer wachsenden Stadt, deren Möglichkeiten zur Ausübung körperlicher Ertüchtigung sich erschöpft haben – weil die Kapazitäten schlicht erschöpft sind. Nun hatte ein anonymes „Team Potsdam“ behauptet, die Votierung im Internet manipuliert zu haben. Doch darauf kommt es gar nicht an. Zum einen sprechen schon die technischen Hürden dagegen, dass dies in nennenswertem Umfang gelingen konnte. Und selbst wenn, dürfte die Favoritenliste nicht viel anders ausgesehen haben. Denn es finden sich ja keine sinnlosen Vorschläge darunter: Vom Erhalt von Sportanlagen über den Ausbau des Radwegenetzes bis hin zur verbesserten Kitabetreuung spiegelt die Liste durchaus das Empfinden vieler Bürger wider. Absurd ist daher der Vorwurf des „Teams Potsdam“, der Bürgerhaushalt sei eine Farce, die „politisch von oben“ verordnet sei. Das Verfahren, mit dem Potsdams Stadtverwaltung seit inzwischen vier Jahren die Wünsche der Bürger auslotet, wird überall in Deutschland in ähnlicher oder gleicher Form praktiziert – von Köln bis Erfurt. Man mag darüber streiten, ob ein eigener Haushalt für den Haushalt nun geeigneter ist oder nicht. Denn auch ein separater Topf, den die Bürger nach eigenem Gutdünken verteilen können, hat Nachteile. Er schränkt nämlich die Möglichkeit der Mitbestimmung ein, weil sich schlicht nicht alles allein durch Geld regeln lässt. Beim Bau eines Sportplatzes am Babelsberger Park etwa – der aktuelle Sieger – hat nun mal die Schlösserstiftung ein Wörtchen mitzureden. Sie muss überzeugt werden – und das ist und bleibt die Aufgabe der Verwaltung und der Stadtpolitik. Natürlich ist das Verfahren nicht vollkommen – doch die wachsende Zahl der Teilnehmer zeigt, dass der Weg grundsätzlich richtig ist. Doch warum nicht mal über den Tellerrand schauen? Nach Solingen zum Beispiel. Dort wurde die drohende Pleite der Stadt abgewendet – und zwar mit Hilfe der Bürger. Sie konnten mitentscheiden, wo die nötigen Einsparungen von 44 Millionen Euro vorgenommen werden sollten. Potsdams Haushaltsloch zu stopfen – auch ein sportliches Ziel.

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