Sport: Männer in Grün sahen Rot
Knüppel und Pfefferspray: SVB-Fans erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei in Torgelow
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Knüppel und Pfefferspray: SVB-Fans erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei in Torgelow Von Henner Mallwitz Gregor Voehse war die Aufregung gestern noch deutlich anzumerken. Seit mehreren Jahren leitet der Sozialarbeiter des Diakonischen Werkes Potsdam das Fanprojekt des SV Babelsberg 03 – einen solch massiven Polizeieinsatz wie beim Auswärtsspiel am Sonnabend beim Torgelower SV Greif habe er aber noch nicht erlebt. Grund der Auseinandersetzungen aus seiner Sicht: Der Oberliga-Aufsteiger hatte vor dem SVB-Fanblock einen provisorischen Bauzaun als Absperrung zum Spielfeld aufgebaut. Als das erlösende 1:1 durch René Tretschok in der 24. Minute fiel, hielt ein Teil des Zaunes der stürmischen Freude der Fans nicht stand und fiel um. Daraufhin, so Voehse, stürmte die Polizei den Block und setzte unter anderem Gummiknüppel und Pfefferspray ein. „Normalerweise wird so ein Zaun schnell zusammen mit den Ordnern wieder aufgestellt“, so Voehse. „Was hier aber ablief, war in keiner Weise zu rechtfertigen. Die Gewaltorgie ging eindeutig von der Polizei aus.“ Drei Babelsberger wurden festgenommen, die sich inzwischen jedoch wieder auf freiem Fuß befinden. Die ganze Härte des Gesetzes bekam indes auch Juri Weidauer zu spüren. Der als so genannter „szenekundiger Beamter“ tätige Polizist stand in Zivil im Fanblock, konnte sich laut Voehes Aussage nicht schnell genug ausweisen und wurde am Boden liegend von einem Polizisten in die Kniekehlen getreten. Da sich der gesamte Vorfall derzeit noch in der Schwebe befindet, möchte er sich nur bedingt äußern. „Jede Medaille hat zwei Seiten, und vielleicht war auch alles eine Verquickung unglücklicher Umstände“, so der Fachmann. „Aber die Polizei ist eben auch nur ein Querschnitt der Bevölkerung mit jenen und solchen Leuten.“ Auch auf dem anschließenden Weg zum Bahnhof kein anderes Bild: „Willkürlich wurden hier Fans herausgeholt, die Polizei war kopflos“, so Voehse. „Knapp 30 Babelsberger wurden von 60 behelmten Polizisten begleitet.“ Die beschuldigte Ordnungsmacht sieht die Aktion anders. „Bei uns wird Fußball gespielt und nicht randaliert“, so Axel Falkenberg, Pressesprecher der Polizeidirektion Anklam. „Hier lag ganz klar eine Sachbeschädigung vor, weil der Zaun mutwillig beseitigt werden sollte. Und das rechtfertigt den Einsatz, auch den Gebrauch von Pfefferspray.“ Außerdem seien zahlreiche Fans bereits stark alkoholisiert in Torgelow angekommen und hätten die Polizei massiv beleidigt. Eine Verspätung im Schienenersatzverkehr hätte die Eskalation außerdem verschärft. Auf dem Weg zum Bahnhof seien zwei Polizisten verletzt worden. Insgesamt wurden sechs Strafanzeigen wegen Beleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt aufgenommen. „Wir werden jetzt abwägen und intern diskutieren“, so SVB-Geschäftsführer Ralf Hechel. „Aber das muss alles mit viel Fingerspitzengefühl behandelt werden. Denn ein solches Verhalten passt einfach nicht zur bevorstehenden Weltmeisterschaft.“ Nach Gregor Voehses Ansicht können derartige Vorkommnisse zudem kaum das Verhältnis Jugendlicher zum Rechtsbewusstsein stärken. „Wenn ihnen Gewalt als vermeintlich normales Mittel entgegen gebracht wird, werden sie leider kaum anders agieren.“
Henner Mallwitz
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