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Landeshauptstadt: Marder erobern die Stadt

Den trickreichen Eindringlingen ebenso trickreich begegnen: Alarmanlage unter dem Dach

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Zwei Steinmarder hätte jüngst beinahe eine Besucherin in der Siedlung Altes Rad in Eiche überfahren. Am helllichten Tag nahmen die Tiere keine Notiz von ihrem Auto und ließen sich erst durch Hupen vertreiben. Auch eine Anwohnerin, die zur Arbeit fahren wollte, entdeckte einen Marder unter ihrem Wagen. Das Tier fauchte sie an. In der Breiten Straße wurden nachts schon bis zu drei Marder beobachtet, die ruhig die Fahrbahn wechselten. Selbst in Babelsberg wurden die Nager schon gesichtet, wie Zeugen berichten. Die kleinen Räuber erobern die Stadt.

Für Siegfried Burmeister und seine Nachbarn im Eicher Vogelbeerenweg ist das Treiben der Raubsäuger nicht lustig. Die Tiere kletterten am Efeu oder an Regenrinnen hoch, würden selbst durch kleinste Lücken schlüpfen und nisten in der Isolierung, sagt Burmeister.

Der pensionierte Diplomarchitekt hat seinen fast zweijährigen Kampf gegen die Eindringlinge inzwischen gewonnen. Nachdem er alle Öffnungen am Haus abgedichtet hatte, kam seiner Frau die rettende Idee. Burmeister baute nahe der Niststätte einen Bewegungsmelder mit Alarmanlage ein. Bald gaben die lärmempfindlichen Marder auf.

Nachbarn sind dagegen der Marderplage noch nicht Herr geworden. Neben den Schäden am Haus zernagen sie auch regelmäßig Autoelektronik. Zudem ist seit dem Auftauchen der Marder der Vogelbestand zurückgegangen. Burmeister fand Reste von getöteten Amseln.

Natürlich haben die Betroffenen längst Rat gesucht, ohne Erfolg. Ihre Häuser vor solchen Schäden zu schützen, sei Privatsache, sagt das Ordnungsamt. Die Marder zählen zwar zu den jagdbaren Tieren, besitzen aber ausgedehnte Schonzeiten. Für gewerbliche „Kammerjäger“ ist ihre Bekämpfung unattraktiv. Die Tiere mittels Schlagfallen zu töten ist nicht erlaubt. Und auch den Fang in Kastenfallen sei „Tierquälerei“, sagt Jens Teubner von der Naturschutzstation des Landesumweltamtes. Immerhin können sich Betroffene über die Untere Jagdbehörde Tel.: (0331) 289 15 86) an Potsdams Stadtjäger Herbert Lübke wenden. Für den Spätherbst sagt er Hilfe zu, doch eine einmalige Vertreibung der ortstreuen Marder reiche in der Regel nicht aus.

Bleibt also nur, den trickreichen Tierchen ebenso trickreich entgegenzutreten. Ihre Wege unterm Dach mittels Lichtschranken zu beleuchten, hilft nichts. Dagegen sind sie gegen laute Geräusche und elektrischen Strom allergisch, sagt Jens Teubner. Den ganzen Tag „volle Pulle“ Musik aufzudrehen, könne helfen, dürfte aber bei Nachbarn auf wenig Gegenliebe stoßen. Eine bessere Lösung seien Schwachstromanlagen, wie sie auch Kühe im Gatter halten. Autobesitzer sollten dagegen unter der Motorhaube etwas „Karnickeldraht“ auslegen, verrät Teubner. Dann fänden die Marder beim Sprung an die Kabel keinen festen Untergrund. Ebenso lassen sich teuer Vertreibunganlagen kaufen.

Wer sich naturnahes Wohnen am Potsdamer Stadtrand leisten könne, müsse auch mit Wildtieren leben lernen, sagt Naturschützer Teubner. Den Tieren könne man nicht anlasten, dass sie die guten Nistmöglichkeiten und das Nahrungsangebot nutzen. Die Anwohner sehen das aber anders. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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