zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Marokkaner angegriffen und beschimpft

Anklage: Tätliche Beleidigung/Sechs Monate Haft für Rechtsradikalen

Stand:

Aus dem GERICHTSSAALAnklage: Tätliche Beleidigung/Sechs Monate Haft für Rechtsradikalen „Sie ziehen sich ein weißes Hemd an und hoffen, wieder einmal mit einem blauen Auge davonzukommen. Aber damit ist jetzt Schluss. Sie sind ein unbelehrbarer Rechtsextremist, der nicht begreifen will, dass Ausländer bei uns die selben Rechte haben wie Deutsche“, wettert Staatsanwalt Peter Petersen. „Sie werden wir noch zur Räson bringen.“ So langsam dämmert Alexander W. (25) auf der Anklagebank, dass das alles kein Spaß mehr ist. Ein knappes Dutzend Mal musste sich der Kahlgeschorene bereits vor Gericht verantworten, meist wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung, aber auch wegen Beleidigung, Sachbeschädigung und verschiedener Verkehrsdelikte. Obwohl unter zweifacher Bewährung stehend soll der Arbeitslose gemeinsam mit seinem Kumpel Timo P. (29) am Nachmittag des 9. Januar in der Heinrich-Mann-Allee einen Marokkaner hin- und hergeschubst sowie als „Scheiß-Ausländer“ und „Kanake“ betitelt haben. Der Angegriffene suchte Hilfe bei einer zufällig vorbeikommenden Polizeistreife, erstattete auch gleich Anzeige. Alexander W. möchte sich vorerst nicht zu dem Anklagevorwurf äußern. Timo P. dagegen beteuert, seiner rechten Gesinnung inzwischen abgeschworen zu haben. An besagtem Nachmittag seien sie – leicht angetrunken – auf den Mann aus Marokko getroffen. „Er wollte an uns vorbei. Kann sein, dass ich ihn aus Versehen mit dem Ellenbogen gestreift habe“, mutmaßt der Potsdamer. Angerempelt und beschimpft habe er ihn nicht. „Ich habe bloß zu Alexander gesagt, dass ich ihn vom Sehen kenne.“ Der Staatsanwalt schluckt das nicht. „Wenn ich mir Ihr Vorstrafenregister ansehe, sind Ihnen solche Worte nicht wesensfremd. Wie waren Sie an diesem Tag eigentlich gekleidet?“ Damals – so der ebenfalls unter Bewährung Stehende – habe er eine Bomberjacke getragen. Sein Kumpel Alexander W. sei in eine Tarnjacke gewandet gewesen. „Weder ich noch Timo P. haben den Ausländer angegriffen und beschimpft“, lässt Alexander W. nun verlauten. Das in den Zeugenstand gerufene Opfer Nabil M. (25) straft seine Worte Lügen, entlastet – zur allgemeinen Überraschung – den mitangeklagten Timo P. vollständig. „Der Mann, der heute das weiße Hemd trägt, war besoffen. Er hatte eine Flasche Bier in der Hand, stellte sich mir in den Weg und rempelte mich an. Dabei flog ich gegen den anderen. Der hat nichts gemacht. “ Es sei auch Alexander W. gewesen, der ihm diverse Schimpfworte, von denen er nur die in der Anklage aufgelisteten verstand, um die Ohren gehauen habe. „Wir werden es nicht hinnehmen, von Leuten wie Ihnen länger terrorisiert zu werden“, wendet sich der Staatsanwalt an Alexander W. und beantragt sechs Monate Haft wegen tätlicher Beleidigung. Timo P. dagegen sei freizusprechen. Das Gericht urteilt ebenso. Wütend kündigt der Verurteilte an, umgehend in Berufung zu gehen. HoGa

HoGa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })