Landeshauptstadt: Marquardt: Sorgenkind ist das Schloss
Jann Jakobs im neuen Ortsteil / Dietrich Menzer: „Wir sind jetzt eben Potsdam und werden das wohl auch bleiben“
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Jann Jakobs im neuen Ortsteil / Dietrich Menzer: „Wir sind jetzt eben Potsdam und werden das wohl auch bleiben“ Von Winfried Gutzeit Marquardt. Jann Jakobs zeigte sich gestern von seinem Besuch in Marquardt angenehm überrascht. „Ich habe hier einen Ort vorgefunden, der in sich sehr stabil ist und dessen Bürger sich stark mit ihrem Dorf identifizieren“, sagte der Oberbürgermeister nach seiner zweiten Stadtwanderung durch die neuen Orteile. Er könne hier die Resultate einer jahrelang erfolgreichen Gemeindepolitik sehen und einige wichtige Anregungen mit ins Stadthaus nehmen, so Jakobs. „Marquardt hat es echt verdient, in Potsdam bekannter zu werden“, bedankte er sich bei Gastgeber Dietrich Menzer. Der tat dann das, was man vor Jahresfrist noch für undenkbar gehalten hätte: Er bedankte sich beim Postdamer Oberbürgermeister für den Besuch und das offenkundige Verständnis für die Marquardter Probleme. „Wir sind jetzt eben Potsdam und werden das wohl auch bleiben“, sagte der entschiedene Gegner der Gemeindegebietsreform. Man müsse einfach das Beste daraus machen, auch wenn die Selbstständigkeit der Gemeinde futsch sei und der Ortsbeirat nichts mehr zu entscheiden habe. Doch schaue er lieber nach vorn, da für ihn nur das Wohl des Dorfes zähle. „Ich bin zwar nach wie vor gegen die Eingemeindung, doch wir sollten jetzt Verständnis entwickeln und uns aneinander gewöhnen“, sagte der sonst für seine kraftvollen Sprüche bekannte Ortsbürgermeister Menzer. Und etwas ungewohnt klang es, als Menzer sagte: „Es ist schön, dass es Euch bei uns in Marquardt gefallen hat, das macht uns stolz.“ So klang auch sein für ihn eigentlich unerwarteter Eindruck von der Stadtverwaltung recht postitiv: „Das Grünflächenamt hat sich hervorragend um unseren Schlosspark gekümmert.“ Die Wiederherrichtung des historischen Parks sei immer eines der Lieblingskinder der Gemeinde gewesen. Der gute Eindruck beim Dorfrundgang war dann nicht nur dem gestrigen Sonnenschein geschuldet. Auf dem knapp zweieinhalbstündigen Rundgang zeigte sich: Marquardt besitzt ein intaktes Straßensystem, hat mittlerweile einige kleinere Wohngebiete hinzu gewonnen und will den Dorfanger um die alte Scheune zum kulturellen Zentrum entwickeln. Dazu soll diese zur Kulturscheune umgebaut und dabei mit einem Sanitärtrackt ausgestattet werden. Mit einer Bühne und 250 Sitzplätzen hätte man als Dorf am Rande der Großstadt einen eigenen Veranstaltungsort. „Daran arbeiten wir bereits seit drei Jahren“, sagte Menzer. Das Amt für dörfliche Entwicklung in Brieselang habe bereits Interesse an einer Förderung signalisiert. Jetzt gelte es, den Eigenanteil aufzubringen und einen Antrag zu stellen, meinte Menzer. „Wenn wir aber keine Förderung kriegen, dann machen wir das eben schrittweise.“ Immerhin habe bereits ein im Ort aktives Bauunternehmen das Dach gesponsert. Diese Baufirma will auch das benachbarte B-Plangebiet Nr. 8 „Im Schlosspark Marquardt“, Fahrländer Straße 3, übernehmen. Doch drohen hier Verfristungen, da der frühere Investor die Entwicklung des Areals mit Ärztehaus und einige Wohneinheiten verschleppt habe. „Das Problem werden wir intern klären“, versprach Jakobs. Für die Scheune soll eine mögliche Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit ausgelotet werden, bei der 25 Prozent der Kosten eingespart und zugleich jüngere Langzeitarbeitslose zeitweise in Beschäftigung gebracht werden könnten. Doch bei einigen Problemen kann kaum geholfen werden. Zum einen steht seit Jahren die alte Kaufhalle leer. Nach 1990 hatte Spar hier eine Filiale eingerichtet und noch einige Jahre lang betrieben. Nachdem die Konkurrenz in Bornstedt sich etabliert hatte, schloss jedoch der letzte Spar-Betreiber die Halle. „Wir haben alles in Bewegung gesetzt, uns an alle Ketten gewendet“, sagte Menzer resigniert. Die Antworten seien übereinstimmend und ernüchternd gewesen: Der Einzugsbereich ist zu klein für eine Supermarktfiliale. Somit sind die älteren Marquardter auf die wöchentlichen Besuche der fliegenden Händler angewiesen. Ein zweites Problem: Im vergangenen Herbst wurde die Grundschule geschlossen, da keine erste Klasse eingerichtet werden konnte und einige höhere Klassen zu geringe Schülerzahlen aufwiesen. „Die Schule ist gerade mal 20 Jahre alt und hat eine neue Heizung bekommen, die Turnhalle wurde vollständig sanierte“, ärgerte sich Menzer. Doch über eine mögliche Wiedereröffnung mache sich hier keiner Illusionen. Da kann zwar auch die Stadt nicht helfen, doch zeichnet sich eine weitere Nutzung des Gebäudes ab: Die großen Fenster seien geeignet, hier Ateliers einzurichten und gemeinsam mit der Kulturscheune zu vermarkten, war aus der Verwaltung zu hören. Das große Sorgenkind der Marquardter bleibt aber das Schloss, das seit mehr als zwölf Jahren leer steht. Zwar wurde 1998 mit der Münchner Immobilienverwaltungsgesellschaft Penelope ein neuer Eigentümer gefunden, doch seien die noch immer auf der Suche nach Investoren, so Gerhard Juschka, der sich scherzhaft als „Kastellan“ bezeichnet. „In jeder Sommersaison vermieten wir den Saal bis Oktober an Hochzeitsgesellschaften, die prominenteste war die von Jette Joop“, berichtete er. Aber das helfe dem Schloss auch nicht weiter. Immerhin sei die Bausubstanz in gutem und trockenem Zustand, trotzdem müsse eine Lösung her. „Dann sind wir diese Sorge endlich los“, so der Kastellan, denn das Schloss habe als Schlosshotel Kempinsk bis Anfang der 40er Jahre bereits glanzvolle Zeiten erlebt.
Winfried Gutzeit
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