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Landeshauptstadt: Massive Funde am Brauhausberg

Schutt für eine kleine Villa baggern die Munitionssucher täglich aus dem Spaßbadboden

Stand:

Schutt für eine kleine Villa baggern die Munitionssucher täglich aus dem Spaßbadboden Der Kohlweißling ist der großen Schaufel gerade noch entkommen. Nun flattert er in stetigem Auf und Ab über das riesige Loch, dass der Bagger in die Wiese am Brauhausberg gerissen hat. Vom Schmetterling, der endlich am Rand der Grube eine weiße Blüte zum Landen findet, bemerkt René Zürner nichts: Der Feuerwerker sucht Bomben. Der Munitionsräumungs-Experte steht an dem 15 Quadratmeter großen Baggerloch und beobachtet aufmerksam die aufgewühlte Erde in vier Metern Tiefe. „Halt“, ruft er dem Baggerfahrer zu und die Maschine stoppt. Zürner klettert hinunter und wedelt die dunkle Erde von irgendetwas Rundem. „Nur Beton!“ Er winkt ab. Das Baggern geht weiter. Die Schaufel frisst sich in Erde und Bauschutt. Hier ist alles voller Mauerreste, vor 1945 standen am Fuße des Bergs prachtvolle Bürgerhäuser. Die Bomben des alliierten Luftangriffs im April zerstörten fast alle Gebäude. Bevor nun die Bauarbeiten für das Freizeitbad von Oscar Niemeyer beginnen können, muss ein Bombensuchtrupp das Grundstück nach Munition aus dem zweiten Weltkrieg durchforsten. Die Vorarbeiten dazu hatten im April begonnen: Alle anderthalb Quadratmetern haben die Feuerwerker einer Oranienburger Firma den Boden am Brauhausberg aufgebohrt, um ihn mit einer Sonde nach Metall zu durchsuchen. Denn größere Metallgegenstände könnten Bomben sein. Der erste Abschnitt war im Mai fertig. Seit Juni wird hier nun gebaggert. „Hier gibt es so viel Metall, die ganze Fläche ist voller Schrott“, sagt Truppführer Hardy Hase. Einzelne Grabungen würden darum nichts bringen. Also wird alles „umgebuddelt“. Jeden Tag schaffen sie rund 30 Quadratmeter. „Wir buddeln zwischen zwei und fünf Meter tief“. Je nach dem, was der Auswertungsbogen der Sondierung anzeigt: Gelbe Punkte bedeuten Metall in zwei Metern Tiefe, dunkelrote in fünf Metern. Frank Stolt sitzt in dem orange-farbenen Bagger und bringt gerade die 25 Tonnen seiner Maschine zum Hüpfen. Er „klappert“ die Ladung – wie er und seine Kollegen sagen. Die Schaufel, in der ohne Probleme zwei ausgewachsene Männer stehen können, funktioniert dabei wie ein Sieb. Steine und Schuttreste trennen sich von der Erde, die durch die Schaufelöffnungen auf einen Haufen fällt. Die Gebäudereste landen in einem flachen zwölf Kubikmeter-Container: zehn Tonnen Steine, Beton und Dachziegel. Rund 60 Tonnen Bauschutt holt Stolt täglich aus dem Boden – eine kleine Villa auf sechs Container verteilt. Der 39-Jährige führt seinen Bagger mit viel Gefühl – „immer ganz sachte“. Denn es kann passieren, dass die Schaufelzähne plötzlich an einer Bombe kratzen. Und die darf nicht verletzt werden. Aber Stolt hat Erfahrung. „Er hatte schon öfter eine Bombe dran hängen“, sagt sein Chef. In regelmäßigen Abständen steigt sein Kollege Roland Siepe mit seiner Sonde hinab. Kaum unten, beginnt sie zu piepen. Der Zeiger auf der Skala schlägt hin und her. Hase schüttelt den Kopf: „Nur Kleinkram!“ Bei einer Bombe sei der Ton länger und der Zeiger würde sich ganz langsam aus der Skalenmitte zur Seite bewegen. Siepe zieht verrostete Töpfe, alte Hydranten, Schilder und Gullis aus der Vorkriegszeit aus der Erde, schmeißt sie auf einen Stapel. Mittlerweile der dritte. Während an der einen Seite Stolt die Grube mit seinem Bagger immer weiter aufreißt, schüttet sein Kollege sie auf der anderen Seite mit einer zweiten Maschine wieder zu. So arbeitet sich der Suchtrupp durch den ganzen Abschnitt. Auf eine Bombe sind Hases Mitarbeiter noch nicht gestoßen. Doch Hase rechnet fest damit. Ende Juli soll der erste Abschnitt bombensicher sein. Voraussichtlich Ende August die gesamte Suche abgeschlossen.

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