Landeshauptstadt: Massive Kritik am Verkehrskonzept
Anwohner von Eiche und Golm fordern Straßenventil nach Norden. Empörung über Stadtverwaltung
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Golm - Kaum Zustimmung, viel Kritik – das ist das Fazit eines dreistündigen Workshops zur Verkehrserschließung von Eiche und Golm im Hörsaalgebäude 25 der Universität am Dienstagabend. Es war die vierte Bürgerbeteiligung zum neuen Verkehrskonzept der Stadt.
Als Dirk Volkmann vom Bereich Stadtentwicklung die derzeitigen und bis 2025 zu erwartenden Fahrzeugzahlen für die Straßen der Ortsteile nannte, glich das einem Stich ins Wespennest. 11 400 Autos fahren derzeit täglich über die Kaiser-Friedrich-Straße. Auf 12 500 werde diese Zahl „im schlimmsten Fall“ anwachsen. Den „schlimmsten Fall“ nimmt Volkmann an, wenn die von den Bürgern abgelehnte Straßenbahntrasse zum Uni-Campus nicht gebaut werde.
Auch die Verkehrszahlen, etwa für die Reiherbergstraße oder den Kuhforter Damm, klingen für die Anwohner beängstigend. „Golm und Eiche waren vor 20 Jahren noch landwirtschaftlich geprägte Dörfer und befinden sich jetzt im Umbruch zur Stadt“, erklärte Bereichsleiter Bernd Kahle die Ursache. Die vorhandenen Straßen würden mit dem Einwohnerzuwachs und dem damit verbundenen Verkehraufkommen aber zurechtkommen. Eine zweispurige Straße verkrafte 18 000 Fahrzeuge pro Tag.
Die Bewohner der beiden Ortsteile können das nicht nachvollziehen. Neuansiedlungen mit Gewerbe wie in der Feldmark erfordern aus ihrer Sicht neue Verkehrslösungen. Marianne Goerdeler, Aktivistin der Initiative „Feldmärker“, fordert eine neue Straßenverbindung nach Norden. „Wir brauchen eine komplette Verkehrslösung und Sie setzen uns immer nur kleine Zipfel vor“, kritisiert sie. Das Argument Kahles, dass die zweispurige Hegelallee sogar 22 000 Autos am Tag aufnehme, heizte die Erregung zusätzlich an. „Der zunehmende Verkehr braucht ein Ventil“, lautete die Forderung. Die Prognosezahlen seien geschönt.
In dem Workshop ging es auch um die Trassenführung der geplanten Straßenbahnlinie. SPD-Stadtfraktionschef Mike Schubert sagte am Rande der Veranstaltung, dass es für die Tram auf absehbare Zeit kein Geld gebe. Er halte die Diskussion daher für verfehlt. Allein zur Klärung von Eigentumsfragen würden noch mindestens fünf Jahre benötigt.
Laut Bernd Kahle werden noch in diesem Jahr die Eisenbahnunterführung und die anschließende Reiherbergstraße von Grund auf erneuert. Hier entbrennt ebenfalls Streit. Die Verwaltung will einen „normgerechten“ Ausbau mit einer Durchfahrtshöhe von 4,50 Metern. „Ich soll die Tieferlegung bezahlen“ – fürchtet ein Anwohner die zu erwartende Umlegung der Baukosten. In der Folge würden mehr Lkw die komfortable Durchfahrt benutzen – ein Nachteil für Alt-Golm.
Allgemein herrschte Empörung, weil die Verkehrsplaner auf ihrem Konzept beharrten und Bürgervorschläge ablehnten. Schubert beruhigte die Gemüter und verwies darauf, dass es sich „nur“ um einen Entwurf handele. Die endgültige Fassung müsse die Stadtverordnetenversammlung verabschieden.
Ein kleines Zugeständnis kam dennoch durch: Der künftig verbesserte Radweg auf der schnurgeraden Lindenallee von Golm zum Neuen Palais solle einen Ausweich-Ast nach Norden erhalten, hieß es vonseiten der Verwaltung.
Günter Schenke
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