
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Matrose auf den Havelseen
Die Potsdamer Weisse Flotte sucht Nachwuchs und bildet ihn auch selber aus. Für Sebastian Barth ist es der Traumberuf
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Sebastian Barth (21) strahlt mit der Sonne um die Wette. Er hat einen Beruf erwischt, der genau zu ihm passt. Er ist bei der Potsdamer Weissen Flotte als Matrose der Binnenschifffahrt ausgebildet worden. Die Berufsschule mit Internatsaufenthalt besuchte er in Schönebeck bei Magdeburg. Zu seinen Aufgaben gehört es nun, die Fahrgäste auf dem Wassertaxi in Empfang zu nehmen, das Schiff zu putzen und zu schrubben und die Motoren zu warten. Man müsse gern mit Menschen zu tun haben, sagt der junge Mann. Dass er die freundlich aufs Schiff bugsieren kann, nimmt man ihm sofort ab. Im Sommer wird mit einem Ruhetag durchgearbeitet. Im Winter können Überstunden abgebummelt werden. Bei der Weissen Flotte sind die Beschäftigten fest angestellt.
Als Lehrling habe er im Winter auch mal Motoren in der Werkstatt auseinandernehmen können, erzählt Sebastian. Das habe bei der Prüfung sehr geholfen. Bei der Binnenschifffahrt ist der Matrose gleichzeitig auch Motorenwart und sollte kleinere Schäden beheben können. Korrekt gibt es übrigens auch die Bezeichnung Binnenschifferin, Mädchen können sich ebenfalls als Azubi bewerben und es gibt auch Frauen auf dem Schiffsführerstuhl. Drei Jahre dauert die Ausbildung zum Matrosen der Binnenschifffahrt, die es schon seit 1940 gibt und die doch nicht allzu bekannt ist.
Auch Sebastian, der quasi auf dem Wasser groß geworden ist – seine Eltern haben ein Sportboot und nahmen in schon als Baby mit an Bord – musste erst einmal herumsuchen, bis er auf den Matrosenberuf stieß. Die Weisse Flotte beklagt dagegen, dass es an Azubis mangele. Sie sei aber an Nachwuchs sehr interessiert. Jährlich könne sie zwei Lehrlinge aufnehmen. Und eben deshalb gab es am Samstag auch den Berufsberatungstag auf dem Flaggschiff der Weissen Flotte, der MS Sanssouci. Es stellte sich allerdings nur ein Interessent ein. Martin Fenske (28) schloss eine Ausbildung als Bürokaufmann ab, fühlt sich aber im Büro beengt und arbeitet stattdessen als Altenpfleger. Er möchte sich nun verändern und könnte sich ein Matrosendasein durchaus vorstellen.
Sebastian begann seine Lehre in Berlin, wechselte dann aber zur Weissen Flotte, weil der Weg zum Lehrherrn für den Potsdamer kürzer war und ihm eine Weiterbeschäftigung nach der Lehre garantiert wurde. Auch Aufstiegsmöglichkeiten sind drin. „Wir bereiten uns auf einen Generationswechsel vor“, meint Weisse- Flotte-Chef Jan Lehmann. „Darauf wollen wir rechtzeitig vorbereitet sein.“ Nach ausreichender Praxis könne ein Matrose seine Schiffsführerprüfung ablegen. Im Schiffahrtsbereich beschäftigt das Potsdamer Unternehmen 35 Mitarbeiter.
Die Sanssouci steuert gerade ein Mann über die Havelseen, der langjährige Erfahrung mitbringt. Toralf Drewitz arbeitete von 1987 bis 2001 für die Binnenreederei Berlin und wechselte dann zur Weissen Flotte, weil die Frachtgutschifffahrt für ihn keine Arbeit mehr hatte. Das sei eine ziemliche Umstellung gewesen, erzählt er. „Kies und Kohle sind sehr ruhige Passagiere“, sagt er lachend. „Die widersprechen nie und stellen auch keine Fragen, bei denen man doch manchmal schlucken muss.“ Aber im allgemeinen seien die Passagiere freundlich und nett und da erkläre man gern auch zum zigsten Mal, wo beim Schiff vorn ist. Das sei die häufigste Frage, selbst wenn schon Fahrt gemacht werde. Inzwischen habe er sich an seine neuen Aufgaben gewöhnt, sagt Drewitz. Zum Beweis hantiert er mit dem Mikrofon, um über die Sehenswürdigkeiten rechts und links am Ufer aufzuklären, als sei er ein altgedienter Conferencier. Einmal verhaspelt er sich, weil ihn die Zwischenfragen zum Berufsbild ablenken. Doch auch das nimmt er gelassen. Seine Fahrgäste sind mit Kaffee und Kuchen beschäftigt und einem zweiten Bier. Die Sonne scheint, das Wasser plätschert und das Schiff zieht seine Bahn. Schwieriger ist es schon, mit den Seglern zurechtzukommen. Immer wieder kreuzen sie sehr kurz und leichtsinnig die Bahn der Sanssouci. Und dann haben die Fahrgäste doch eine Unstimmigkeit bemerkt. Vor Werder wird eine kürzere Kurve gedreht, das Hochwasser lässt die Durchfahrt durch die Eisenbahnbrücke nicht zu. Doch zum Ausgleich gibt es eine Zugabe in die andere Richtung via Babelsberg. dif
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