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ATLAS: Mehr Denken

Juliane Wedemeyer über ein Ortsblatt, das ungewollt die NS-Zeit geschönt hat

Stand:

Was mag sich der Golmer Ortsbeirat dabei gedacht haben? Er veröffentlichte in seiner aktuellen Ortszeitung „14476 Golm“ eine Chronik über die NS-Vergangenheit des Ortes. Es hätte eine mutige Ausgabe werden können, eine, in der diese Lücke in der Golmer Historie zum ersten Mal geschlossen wird. Doch stattdessen dreht sich dem Leser schon beim Betrachten der ersten Seite der Magen um: Dort ist das Wappen des nazideutschen Reichsarbeitsdienstes abgebildet – direkt gegenüber des Golmer Ortswappens. Auf den folgenden Seiten wird es noch schlimmer: Der Ortschronist schreibt von „jungen Kameraden“, die in die nationalsozialistische Weltanschauung eingeführt werden sollen – von einer geschichtlichen Einordnung keine Spur. Das ist das Gegenteil von Aufarbeitung. Die Chronik schönt die NS-Zeit. Auch wenn der Autor und die Redakteure aus dem Ortsbeirat glaubhaft versichern, dass das nicht ihre Absicht gewesen sei. Die Kritik von Oberbürgermeister Jann Jakobs ist absolut angebracht, das von ihm ausgesprochene Verbot zur weiteren Veröffentlichung notwendig. Er muss verhindern, dass die Chronik ungefiltert in den Köpfen der Leser landet. Denn es besteht die Gefahr, dass sie sich genauso wenig dabei denken wie der Golmer Ortsbeirat.

Juliane Wedemeyer

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