
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Mehr Farbe, bitte
Der Stadtteilladen Drewitz zeigt Fotos und Textcollagen von Jugendlichen
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Drewitz - „Grau trist eckig“ – so heißt es in der Textcollage „Drewitz in drei Worten“. Die dazugehörige Fotografie zeigt einen ausrangierten Wäscheständer, der im Geäst eines kahlen Baumes hängt. Von „Ghetto, Penner und Harz IV“ ist die Rede, man liest „beschmiert“ und „beengt“. Und doch, ganz unten stehen die Worte, die die ganze Ambivalenz verdeutlichen, mit denen Drewitzer Jugendliche ihren Stadtteil erfahren: „Ich liebe dich“ heißt es dort fast trotzig.
„Herbergen – Heimat in Drewitz“ ist der Name des vom Europäischen Sozialfonds geförderten Projekts, das zum Programm „Stärken vor Ort“ gehört. Zwölf Schüler der zehnten Jahrgangsstufe der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben Gesamtschule beschäftigten sich sechs Wochen lang intensiv mit dem Stadtteil, in dem sie leben, zur Schule gehen, Freunde treffen. „Ziel des Projekts war es, den Jugendlichen im Stadtteil eine Stimme zu geben“, erklärt Kathleen Walter, Leiterin des Stadtteilladens Drewitz. „Ziel war es auch, den Jugendlichen Augen zu geben“, fügt Fotografin Simone Ahrend hinzu. „Was macht ein Wohnumfeld mit mir, was ist der Wert von Heimat“ – dies seien die Grundfragen gewesen, mit denen sich die Schüler näher auseinandersetzen sollten, so Theaterpädagogin Gela Eichhorn.
Bevor die Schüler ans Texten und Fotografieren gingen, stellten sie einen Fragenkatalog zusammen und befragten 97 Schüler der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben Gesamtschule zu ihren Sichtweisen auf Drewitz. Aus den erhaltenen Antworten texteten die Schüler gemeinsam mit Gela Eichhorn poetische Collagen. Simone Ahrend begleitete die Arbeiten der „Foto-Gruppe“, die sich auf den Weg durch die Straßen von Drewitz begab, um bildhafte Antworten auf die gestellten Fragen zu finden.
Die Ergebnisse sind nun in einer Ausstellung im Stadtteilladen Drewitz zu sehen: 17 Fotografien und dazugehörige Textcollagen. Sie zeigen und beschreiben Plattenbauten, Spielplätze, Straßen, Telefonzellen – Drewitz im Herbst. Ein Foto sticht aus der Reihe heraus: Bunte Tulpen leuchten, der Himmel ist strahlend blau. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die frühlingshafte Szenerie durch die Hand eines Graffiti-Künstlers entstand und nur auf der Wand eines Transformatorenhäuschens existiert.
„Was ich hier erlebe, was ich fühle, das konnte ich in diesem Projekt zum Ausdruck bringen“, sagt die Schülerin Nancy Ring. In Drewitz fühle sie sich bedrückt und eingeengt. „Es gibt nichts, was man hier in der Freizeit machen kann“, bedauert sie. Oliver Czunczeleit hat sich mit der Situation arrangiert: „Man gewöhnt sich dran“, so der 17-Jährige.
„Wenn wir es geschafft haben, die Jugendlichen dafür zu sensibilisieren, wie sie sich selbst und Drewitz erleben, dann haben wir viel erreicht“, zieht Gela Eichhorn Resümee. In jedem Falle hätten die Schüler Selbstvertrauen gewonnen und den Mut gezeigt, ihre Meinung zu äußern. Drewitz, verändere dich – das scheinen sich die Schüler von ihrem Stadtteil zu wünschen. „Du könntest dich mal etwas schminken“, heißt es im Text.
Noch bis zum 23. Dezember ist die Ausstellung im Stadtteilladen Drewitz täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Diesen Sonntag werden die Textcollagen jeweils 16 und 17 Uhr in einer Präsentation mit Dia-Show von den Schülern vorgelesen. Heike Kampe
Kontakt: Stadtteilladen Drewitz, Konrad-Wolf-Allee 27
Heike Kampe
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