Landeshauptstadt: Mehr Namen
Gedenkstätte KGB-Gefängnis zieht positive Bilanz nach fünf Jahren. Opfervertreter sind unzufrieden
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Nauener Vorstadt - Vor fünf Jahren hat die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße erstmals seit der Sanierung die Türen geöffnet: Das Jubiläum soll am Wochenende mit Sonderführungen begangen werden, wie die Gedenkstätte mitteilte. Am Sonntag wird es von 11 bis 18 Uhr jeweils zur vollen Stunde kostenlose Führungen durch die Dauerausstellung in dem ehemaligen Untersuchungsgefängnis des sowjetischen Geheimdienstes KGB geben.
Gedenkstättenleiterin Ines Reich zieht eine positive Bilanz: 23 000 Besucher hätten das Haus im früheren „verbotenen Städtchen“, wie das vom KGB genutzte Gebiet am Neuen Garten im Volksmund hieß, besucht. Durch die Recherchen der Mitarbeiter sei es gelungen, viele bisher unbekannte frühere Häftlinge – sowohl deutsche als auch russische – ausfindig zu machen. „Dabei gab es von Anfang an eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Häftlingen“, sagte die Historikerin gegenüber den PNN. Das gespannte Verhältnis zu den kritischen Zeitzeugen und Opfervertretern vom Gedenkstättenverein und dem Verein Memorial – zur Eröffnung der Dauerausstellung hatte es eine Protestdemonstration von Opfervertretern gegeben – sei mittlerweile konstruktiv, sagte die Gedenkstättenleiterin und verweist auf die Veranstaltungen, die die Zeitzeugen im Haus durchführen.
Für Gisela Rüdiger vom Gedenkstättenverein ist das Ergebnis indes immer noch „inhaltlich enttäuschend“, wie sie auf PNN-Anfrage sagte. So habe sich an den Texttafeln, die von Zeitzeugen und Opfervertretern als verharmlosend kritisiert werden, nichts geändert. Auch Hinweise auf die Haftbedingungen seien nicht aufgenommen worden – so seien etwa die Kellerfenster in der Gedenkstätte nicht verdunkelt, so wie Zeitzeugen das einst erlebt hatten. „Es ist bis heute nicht gelungen, mit den Zeitzeugen zu einem Einvernehmen zu kommen“, kritisiert Rüdiger. Immerhin gebe es eine gemeinsame Jahresplanung, bei der auch Veranstaltungen der Zeitzeugeninitiative berücksichtigt werden. Allerdings dürften Zeitzeugenberichte nach wie vor nicht im Haus ausgelegt werden, Veranstaltungen der Zeitzeugen, wie etwa erst an diesem Mittwoch, würden zudem nicht auf der Internetseite der Gedenkstätte angekündigt.
Gedenkstättenleiterin Reich wies die Kritik an der Ausstellung gegenüber den PNN zurück: Die Dauerausstellung sei vom Fachpublikum sehr positiv aufgenommen worden, sagte sie. Man pflege auch einen guten Kontakt zu neu ausfindig gemachten Häftlingen.
In diesem Jahr ist unter anderem im Mai eine Themenwoche anlässlich des 20. Jahrestages des Abzugs der sowjetischen Truppen geplant, kündigte Reich an. Zudem sollen die Häftlingstransporte nach Torgau aus der ersten Zeit des Gefängnisses Ende der 1940er-Jahre wissenschaftlich aufgebarbeitet werden. So soll das Häftlingsbuch ergänzt werden. jaha
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