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Aus dem GERICHTSSAAL: Mehrere Hotels geprellt

Geschlafen, gegessen, telefoniert und abgehauen

Stand:

Vor zwei Jahren war Kevin K.* obdachlos. Arbeit hatte er auch nicht, dafür einen Hund und eine Freundin. Im Heim am Lerchensteig gefiel es dem Potsdamer, dessen Kindheit von häuslicher Gewalt und Heimaufenthalten geprägt war, nicht. Die Mitbewohner tranken Alkohol im Übermaß, nahmen Drogen. Zudem war sein Vierbeiner dort nicht wohlgelitten. Und es gab Kumpels von früher, die Kevin K. erneut in Straftaten verwickeln wollten. Die Eltern der Freundin warnten die Tochter vor dem jungen Mann, der bereits wegen zahlreicher Diebstähle, unerlaubten Drogenbesitzes und Bedrohung mit dem Gesetz kollidierte. Doch Mareike M.* zog mit Kevin durchs Land, nächtigte mit ihm im Freien, solange die Temperaturen dies zuließen. Als es kälter wurde, mietete sich das Pärchen in Potsdamer Pensionen und Hotels ein, nutzte den Zimmerservice, um nicht gleich zahlen zu müssen, nachdem man gespeist hatte, telefonierte offenbar mit Gott und der Welt.

Jetzt musste sich Kevin K. (23) – er sitzt derzeit wegen gemeinschaftlichen besonders schweren Diebstahls im Gefängnis – wegen Einmietbetruges vor dem Amtsgericht verantworten. Mareike M. wurde deshalb bereits verurteilt. Sie ist inzwischen junge Mutter, stärkt Kevin K. samt gemeinsamem kleinem Sohn während der Verhandlung moralisch den Rücken. Vier Fälle listet der Staatsanwalt auf, die sich dem Pärchen zweifellos nachweisen lassen. Vom 9. bis 22. November 2004 wohnte es in der Pension Mark Brandenburg, verursachte einen Schaden von 300 Euro. Knapp 700 Euro waren es im Hotel Voltaire, 143 Euro im „Steigenberger“, 112 Euro im Altstadt-Hotel, wo die Falle schließlich am 23. Dezember 2005 zuschnappte. „Es ging uns nicht um Luxus“, beteuert der gelernte Koch. Er und seine Freundin hätten aus einer Notlage heraus gehandelt. Die ausgedehnten Telefongespräche passen auch Sicht von Amtsrichterin Waltraud Heep nicht dazu. Kevin drückt sich um eine Antwort, erzählt dann von seinen Bemühungen um Arbeit und Wohnung während dieser Zeit. Außerdem habe er bereits begonnen, den verursachten Schaden wiedergutzumachen. Und er habe seine Inhaftierung genutzt, über sein bisheriges und weiteres Leben nachzudenken. „Ich habe die ersten Worte und ersten Schritte meines Sohnes verpasst“, so Kevin K. Wenn er Weihnachten entlassen werde, könne er bei der Müllabfuhr arbeiten. Von seinem Gehalt werde er den Rest der Schulden begleichen.

Das Gericht verurteilt ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, setzt die Sanktion „mit Bauchschmerzen“ zu dreijähriger Bewährung aus. (*Namen geändert.) Hoga

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