INTERVIEW: „Menschen mit einer Vielzahl von Problemen“
Herr Bindheim, die Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen wird selten zur Erfolgsnachricht. Woran liegt das?
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Herr Bindheim, die Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen wird selten zur Erfolgsnachricht. Woran liegt das?
Das liegt an der Vielzahl von Problemen, die viele dieser Menschen mitbringen. Das fängt bei Berufsabschlüssen aus DDR-Zeiten an, die für den heutigen Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbar sind. Dazu kommen Vorbehalte von Arbeitgebern: Eine Vermittlung wird umso schwieriger, je länger man nicht gearbeitet hat. Viele Langzeitarbeitslose haben zudem noch andere Probleme – Sucht, Schwierigkeiten in der Familie oder mit der Gesundheit. Dann spielt das Thema Arbeit nicht unbedingt die erste Rolle.
In Drewitz werden speziell Langzeitarbeitslose zu Immobilienbetreuern qualifiziert. Was ist das Besondere an diesem „Workin 45 Plus“-Programm im Vergleich zu anderen Hilfsprojekten?
In dem Fall ist es die seltene Kombination aus der guten Qualifizierung, der hohen Einstellungsbereitschaft bei Arbeitgebern und der identitätsstiftenden Tätigkeit als Immobilienbetreuer. Das erklärt auch die vergleichsweise hohe Vermittlungsquote. Zum Vergleich: Wenn man etwa im Pflegebereich ausbildet, in dem es einen hohen Arbeitskräftebedarf gibt, gibt es oft Probleme mit dem Schichtdienst, den einfach nicht jeder leisten kann, schon aus familiären Gründen.
Für das Projekt standen 1,2 Millionen Euro EU-Mittel zur Verfügung, von 57 Langzeitarbeitslosen sind bislang 24 in neue Jobs vermittelt worden. Es geht also um Zehntausende Euro pro Stelle. Ist das sinnvoll?
Ja. Weil eben die Vermittlungsquote stimmt – dafür nehmen wir gern Geld in die Hand. Schade wäre es, wenn von den 57 Leuten am Ende nur zehn vermittelt würden.
Sind solche Projekte flächendeckend vorstellbar?
Theoretisch ja, die Frage ist aber, wie groß der Bedarf am Arbeitsmarkt tatsächlich ist. Gerade die Ausbildung zu einem Immobilienbetreuer ist mit Sicherheit zukunftsfähig.
Wie versuchen Sie sonst, Langzeitarbeitslose in einen Job zu vermitteln?
Wir haben im Jobcenter ein neues Team eingestellt, das sich um 800 Hartz-IV-Bezieher kümmern soll. Dabei soll gezielt beraten werden, welche Weiterbildungen nötig sind, um nicht mehr von Transferleistungen abhängig zu sein.
Die Fragen stellte Henri Kramer
Jörg Bindheim ist 51 Jahre alt, Diplom-Soziologe und arbeitet im Jobcenter als Integrationsplaner für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt.
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