Landeshauptstadt: „Menschenverachtend“
Eher Skepsis bei Umfrage in Potsdams Stadtspitze zur aktuellen Jugendgewalt-Debatte
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Die Debatte um eine mögliche Verschärfung des Jugendstrafrechts und mehrfach kriminell junge Leute mit Migrationshintergrund wird in Potsdam eher mit Skepsis beobachtet. Das hat gestern eine Umfrage der PNN bei Verwaltung, Jugendvereinen und Politik ergeben.
So sprach sich Jugendamtsleiter Norbert Schweers gestern deutlich gegen die von der CDU vorgeschlagenen Erziehungs-Camps für junge Straftäter aus: „Jugendliche in Lagern disziplinieren zu wollen halte ich für menschenverachtend.“ Es sei unmöglich, junge Leute mit einer Art von Gewalt „zu brechen“. Bereits jetzt gäbe es genug Möglichkeiten für Gerichte, Jugendliche zu bestrafen. „Allerdings lässt sich nicht abstreiten, dass in Einzelfällen eher hätte reagiert werden sollen.“ Für Potsdam verwies der Jugendamtsleiter unter anderem auf ein Programm des Vereins Jugendrechtshaus: Beim so genannten Anti-Aggressivitäts-Training müssen junge Gewalttäter rund 120 Stunden lang einen Kurs besuchen, um sich besser unter Kontrolle zu haben. „Sie werden dabei beispielsweise mit ihren Opfern konfrontiert“, sagte Schweers. Pro Jahr gäbe es in der Region Potsdam ein bis zwei solcher Seminare mit jeweils zwölf Jugendlichen.
Auch Dirk Harder als Chef des Stadtjugendrings sprach sich gegen eine Verschärfung von Gesetzen aus: „Es gibt eher ein Problem der Anwendung von Gesetzen.“ Problematisch sei beispielsweise die lange Dauer mancher Gerichtsverfahren. Jugendliche müssten nach schweren Gewalttaten schneller eine Strafe spüren. In dem Zusammenhang warnte Harder aber auch davor, straffälligen Jugendlichen schon beim ersten Delikt mit harten Urteilen die Zukunft zu verbauen: „Wohl jeder macht in seiner Jugend eine Dummheit.“ Gleichzeitig müssten Ursachen von Gewalt besser bekämpft werden: Etwa der Fixierung vieler Jugendlicher auf materielle Angebote durch die stärkere Honorierung von sozialem Engagement begegnen oder außerschulische Bildungsprojekte mehr fördern.
Dagegen sprechen sich CDU-Politiker seit Beginn der Diskussion für eine Verschärfung des Strafrechts aus. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) forderte gestern unter anderem eine konsequente Anwendung des Erwachsenstrafrechts für 18- bis 21-jährige Straftäter – auch um mehr die Interessen der Opfer zu berücksichtigen. Dagegen hält Peter Schüler als Chef der Stadtfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen ein Gesetzesverschärfung für nicht erforderlich, die Diskussion sei zu aufgeregt: „Ich glaube, es ist wichtiger, dass Polizei und Staatsanwaltschaft effizienter, schneller und sorgfältiger ermitteln.“ HK (mit dpa)
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