HEYES Woche: Menschlichkeit und Flüchtlingselend
Selten genug durchweht die deutsche Ausländer- und Asylpolitik so etwas wie Menschlichkeit. Kaltherzig und brutal werden immer wieder auch Kinder und Jugendliche abgeschoben, die oft hier geboren und aufgewachsen sind.
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Selten genug durchweht die deutsche Ausländer- und Asylpolitik so etwas wie Menschlichkeit. Kaltherzig und brutal werden immer wieder auch Kinder und Jugendliche abgeschoben, die oft hier geboren und aufgewachsen sind. Es sind Kinder, deren Eltern aus unterschiedlichen Gründen aus ihren Heimatländern flüchten mussten und an eine Änderung der Lage dort kurzfristig nicht zu denken ist. Das Aufenthaltsrecht dieser Menschen ist denkbar gnadenlos und schließt noch immer ein faktisches Arbeitsverbot ein. So leben viele der rund 90 000 Betroffenen oft über viele Jahre auf gepackten Koffern. Ihre Kinder gehen hier zur Schule und wissen nicht, ob und wann ihr Aufenthalt beendet wird und Abschiebung droht. Nun streben die Länder-Innenminister eine Verbesserung der Lage der Flüchtlingskinder an. Das ein Innenminister ihren verbesserten Aufenthaltsstatus an die Bedingung knüpfen will, dass die Kinder und Jugendlichen gute Schulleistungen vorweisen, erstickt bei mir jedes denkbare Lob für eine ansonsten wichtige Initiative.
Die Eltern sollen ebenfalls einen verbesserten Status erhalten und jedenfalls bis zur Volljährigkeit der Kinder vor Abschiebung geschützt sein. Auch das ist halbherzig und kurzsichtig zugleich. Menschen, die oft traumatisiert und von Afrika bis Bosnien mit schrecklichsten Erfahrungen konfrontiert waren, brauchen Hilfe und nicht neue Bedrohungen in einer schwierigen Lebenssituation.
Deutschland gehört nicht zu den großzügigen Ländern bei Asyl oder beim Schutz von Flüchtlingen. Dabei haben viele deutsche Emigranten dankbar Gastfreundschaft und Großzügigkeit erfahren, als sie in den USA, Lateinamerika, selbst in China vor Hitlers Schergen Schutz suchten. Bei uns bedarf es für manchen Verfolgten Kirchenasyl, weil sonst Abschiebehaft droht. Wir kennen Berichte darüber, wie, oft mit körperlicher Gewalt, Abschiebung durchgesetzt wird. Da liegt der Verdacht nahe, dass Ausländerrecht und Aufenthaltsrecht von Flüchtlingen auch als Instrumente der Abschreckung dienen. Es gilt, beides so zu fassen, dass darin auch die unveräußerlichen Menschenrechte erkennbar bleiben. Sonst ist das nichts als Geschwätz für Sonntagsreden.
Und erst recht in einem Land, das angeblich dringend Fachkräfte aus anderen Ländern anwerben will und damit wohl Einwanderung meint. Es ist zudem zu hoffen, dass in Brandenburg nicht ähnliche Missstände bei der Unterbringung von Flüchtlingen entdeckt werden können wie gerade in Bayern. Auch da beweist sich Menschlichkeit.
Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.
Uwe-Karsten Heye
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