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Teures Hochhaus. Die Stadt muss für den Kauf wohl mehr ausgeben.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Mercure – Kostenschätzung mit Risiko?

Kauf und Abriss des DDR-Hochhauses könnten teurer werden als von der Stadt erwartet. Über den Preis könnte am Ende ein Gericht entscheiden.

Von Peer Straube

Stand:

Bei ihren Plänen für das Mercure-Hotel an der Alten Fahrt setzt die Stadtverwaltung nach PNN-Informationen auf unsiche Kostenschätzungen. So geht der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne) wie berichtet davon aus, dass das Hotel von einem neuen Eigentümer der derzeit zum Verkauf stehenden Hotelgruppe durch die Stadt für einen einstelligen Millionen-Betrag erworben werden kann. Voraussetzung dafür wäre eine Änderung der Sanierungsziele für das Gebiet um die alte Mitte. So müsste das Verschwinden des Hotels als Sanierungsziel definiert werden. Nach diesen Änderungen, die die Stadtverordneten am späten Mittwochabend (nach Redaktionsschluss) erstmals diskutieren sollten, wären Neuinvestitionen in das Hotel nicht mehr möglich. Nach PNN-Informationen sind von der Stadt etwa sieben bis acht Millionen Euro für den Ankauf des 1968 errichteten Hotels taxiert. Als Grundlage für diese Schätzung gelten auch Zahlen des Insolvenzverwalters der Hotelgruppe, die einer Tochterfirma der Investmentgruppe Blackstone gehört.

Doch verwaltungsintern wachsen die Zweifel daran, dass die Kosten nicht höher liegen können. Der Grund dafür liegt im Verfahren: Der Eigentümer müsste sich mit einem Übergabeanliegen an die Stadt wenden – und mit einem Wertgutachten. Die Stadt würde ein eigenes Gutachten anfertigen lassen, um den Preis zu drücken. Entscheiden würde dann ein Gericht – mit einem eigenen Gutachten, in dem dann der ursprüngliche Marktpreis angesetzt werden würde. „Das könnte für die Stadt eine Überraschung bringen – denn der Gutachter kann zu anderen Werten kommen“, hieß es.

Anlass der Diskussion ist der Vorstoß der Rathausspitze, das Mercure-Hotel zu kaufen und abzureißen. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Stadt als Sanierungsziel für das Mercure-Grundstück eine unbebaute öffentliche Fläche festlegen, um Sichtachsen zwischen Stadtschloss und Lustgarten wiederherzustellen. Wie berichtet sollen sämtliche 14 Mercure-Hotels verkauft werden, die einer Besitzgesellschaft des internationalen Finanzinvestors Blackstone gehören. Grund dafür ist die Insolvenz der Gesellschaft, die offenen Forderungen der Gläubiger sollen sich auf 600 Millionen Euro belaufen. Den Kauf des Hotels will die Stadt größtenteils aus dem Treuhandvermögen des Sanierungsträgers finanzieren, das dieser über Grundstücksverkäufe in der Potsdamer Mitte erwirtschaftet. Ein direkter Erwerb des zum Verkauf stehenden Gebäudes durch die Stadt ist indes gescheitert. Der Besitzer will die Hotels nur im Paket veräußern. Ein Vorkaufsrecht besteht für die Stadt nicht, sie muss mit dem künftigen Hotelbesitzer verhandeln.

Der Abriss könnte zu 80 Prozent von Bund und Land gefördert werden. Dafür müsste das Grundstück aber erst Teil des Sanierungsgebietes werden und das Hochhaus somit offiziell als städtebaulicher Missstand definiert werden. Dann könnte der Abriss aus dem Denkmalschutztopf gefördert werden, und zwar als sogenannte Ordnungsmaßnahme. 40 Prozent kämen dann vom Land, 40 Prozent vom Bund und 20 Prozent der Abrisskosten müsste Potsdam selbst tragen. Sollte dieser Plan eine politische Mehrheit finden, wäre damit aber auch ein Flottenneubau direkt vor dem heutigen Hafengebäude hinfällig, denn bei einem Hotelabriss würde der Flottenneubau dort erneut den Blick zwischen Schloss und Lustgarten verstellen.

Erst am Montag hatte es eine Demonstration der Bürgerinitiative „Rettet den Lustgarten“ gegeben, auf der sich auch der Architekt des Landtagsschlosses Peter Kulka vehement für einen unbebauten Lustgarten in seiner ursprünglichen Form eingesetzt hatte.

Die Weisse Flotte hingegen pocht auf einen Neubau im Lustgarten, um ihre Verwaltung und ein Restaurant dort unterzubringen. Zuletzt wandten sich die Flottenchefs Jan Lehmann und Jörg Winkler mit einem offenen Brief an den Oberbürgermeister und die Stadtverordneten. Darin fordern sie die Anbauvariante am bestehenden Hafengebäude. Damit würde der Siegerentwurf aus dem im Jahr 2010 von der Stadt initiierten Wettbewerbsverfahrens von Flottenarchitekt Karl-Heinz Winkens realisiert werden können. Unterstützung erhält sie dabei von den Linken, die einen Neubau an das Hafengebäude in der Stadtverordnetenversammlung beantragt hatten.

Die Stadtverwaltung favorisiert allerdings einen anderen Standort: Die Weisse Flotte soll ihren Neubau zwischen Neptunbassin und Bahndamm errichten, im südlichen Teil des Lustgartens. Dies befürworten auch die Lustgartenarchitekten Dietz-Joppien. Die Grünen fordern ebenfalls einen Neubau am Bahndamm. Das alte Hafengebäude soll die Flotte noch so lange nutzen können, wie das Mercure steht und danach einen zweiten Neubau, einen Pavillon, am Fuße der Langen Brücke errichten dürfen.

Um den Neubau am Bahndamm zu ermöglichen, will die Stadtverwaltung vorerst auf die Freihaltetrasse für den Bau der umstrittenen innerstädtischen Entlastungsstraße (Ises) verzichten.

Entscheidungen zur Weissen Flotte und zum Mercure-Hotel wurden gestern Abend nicht getroffen, die Anträge wurden in die Ausschüsse überwiesen.

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