Landeshauptstadt: Metall statt Knorpel: 700 Hüft-OPs 2005 Oberlinarzt verpflanzte Technologie-Weltneuheit
Immer mehr Potsdamer tragen ein künstliches Gelenk in ihrer Hüfte. Tendenz steigend: Setzten die Potsdamer Ärzte 2002 noch rund 640 Gelenkprothesen ein, waren es im vergangenen Jahr schon rund 700.
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Immer mehr Potsdamer tragen ein künstliches Gelenk in ihrer Hüfte. Tendenz steigend: Setzten die Potsdamer Ärzte 2002 noch rund 640 Gelenkprothesen ein, waren es im vergangenen Jahr schon rund 700. Laut Krankenhaus-Sprecherin Theresa Decker erhalten im Ernst von Bergmann-Klinikum vorwiegend Unfallopfer nach Knochenbrüchen die Ersatzteile aus Stahl, Titan oder Keramik. In der Oberlinklinik lassen sich dagegen hauptsächlich Arthrose-Patienten operieren – also Menschen, die an Gelenkverschleiß leiden.
Grund für diesen „zunehmenden Trend“ sei vor allem, dass die Menschen immer älter werden, glaubt Dr. Axel Reinhardt, Chefarzt der Wirbelsäulen- und Beckenchirurgie in der Babelsberger Oberlinklinik. In diesem Zusammenhang steige der Wunsch nach einer guten Lebensqualität im Alter. In der Landeshauptstadt liegt die Lebenserwartung der Männer mittlerweile bei 76,1 Jahren, die der Frauen gar bei 82,5 Jahren. So unterziehen sich auch mehr Frauen als Männer den Hüftoperationen, sagte Oberlin-Sprecherin Wiebke Zielinski. Um schmerzende menschliche Hüftgelenke gegen Prothesen auszutauschen, standen allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres die orthopädischen Chirurgen der Oberlinklinik 433 Mal am OP-Tisch.
Anfang September dann die Weltpremiere: Der „erste Patient weltweit“ erhielt ein Kunstgelenk mit neuartiger Beschichtung. Der Hersteller, die Berliner Firma Biomet, spricht von einer „innovativen Technologie“ mit großem Vorteil für die Patienten: „Der nur fünf Mikrometer dünne Überzug soll die Knochenzellen stimulieren, schneller an die Prothese anzuwachsen“, so auch Reinhardt, der die erste der neuartigen Gelenkprothesen einsetzte. Er hofft nun, dass seine Patienten dank der Biomet-Hüften „schneller wieder auf den Beinen“ sind. Vor allem aber, dass sie stabiler halten. Bisher lockern sich die üblichen Prothesen häufig nach einigen Jahren und müssen ausgewechselt werden. Die Entwicklung der Berliner Firma soll diesen Zeitraum verlängern helfen. Ob die Erwartungen eintreffen, werde sich in der nächsten Zeit zeigen, wenn die Träger der neuen Hüften bereits eine Zeit mit ihrer Prothese gelebt haben, so Reinhardt. Zehn Patienten habe er bereits die Gelenke implantiert. Versuchskaninchen seien diese aber nicht, betont Reinhardt. Schließlich werde in Skandinavien eine andere Hüftprothesen-Art mit der gleichen Beschichtung schon „seit einigen Jahren“ eingepflanzt. Den Einsatz des neuen deutschen Produkts zahlten auch die gesetzlichen Krankenkassen. „Aber wir sind noch in den Anfängen“, so Reinhardt. Die Oberlinklinik sei bundesweiter Vorreiter. Seien erst Erfahrungen gesammelt, werde man die neue Technologie „zunehmend einsetzen“.
Und wie können Menschen verhindern, dass ihre Hüfte überhaupt verschleißt? Gar nicht, heißt die Antwort des Experten: „Gegen Arthrose kann man wenig tun“, so Reinhardt. Denn die Hüften werden durch unseren aufrechten Gang stark belastet. Früher oder später verschleißen sie daran. Die Knorpelschicht als Puffer zwischen den Knochen wird im Laufe des Lebens abgerieben und dadurch dünner. Und ist sie erst einmal verschlissen, regeneriert sie sich nicht mehr, erklärt Reinhardt. Denn Knorpelzellen teilen sich extrem langsam. Trotzdem könne jeder Gutes für seine Gelenke tun, so der Oberlinarzt: „In Bewegung bleiben, die Muskulatur stabilisieren und nicht so viel futtern!“. Denn je größer das Gewicht, das auf den Gelenken lastet, desto größer ihr Verschleiß. just
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