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Homepage: Mikrobielles Leben in größten Tiefen Expertentreffen zur Tiefenbohrung in Potsdam

Längst wird auf der Erde nicht mehr nur nach Öl und Wasser gebohrt. Es werden sogar Teile von Vulkanen angebohrt, um Informationen über das System Erde zu bekommen.

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Längst wird auf der Erde nicht mehr nur nach Öl und Wasser gebohrt. Es werden sogar Teile von Vulkanen angebohrt, um Informationen über das System Erde zu bekommen. Die bisher tiefste Bohrung auf der russischen Halbinsel Kola endet in zwölf Kilometern. Im Oktober 1994 wurde in der Kontinentalen Tiefenbohrung (KTB) in der Oberpfalz eine Tiefe von 9,1 Kilometern erreicht. Aus diesem Forschungsprojekt ging 1996 unter der Federführung des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) das International Continental Drilling Program (ICDP) hervor, dessen Gegenstück in den Tiefen der Meere das Integrated Ocean Drilling Program (IODP) ist. Am vergangenen Montag eröffnete Prof. Dr. Roland Oberhänsli von der Universität Potsdam auf dem Telegrafenberg das jährlich stattfindende nationale Kolloquium zu diesen beiden Schwerpunktprogrammen. Vorgestellt wurden auch die neuesten Untersuchungen in der Kontinentalen Tiefenbohrung, so Prof. Dr. Sergei A. Shapiro von der FU Berlin. In Zusammenarbeit mit dem GFZ und dem Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA) in Hannover werden dort seit 2002 Tests durchgeführt, die für die Erdbebenforschung wichtig sind. Denn das Besondere an der KTB-Bohrung ist, dass dort Störsysteme erbohrt werden. Derzeit werden große Mengen Wasser verpresst, um unter anderem die Eigenschaften der Störungszonen zu bestimmen. Dazu gehört auch, kontrolliert kleinste Erdbeben (Mikroseismizität) zu erzeugen. Auch Gashydratfelder, die sowohl im kontinentalen Permafrost als auch an Kontinentalhängen im Ozean auftreten, sind nur durch Bohrungen zu erreichen. Dr. Kai Mangelsdorf vom GFZ gehört seit 2001 zu den Forschern, die im kanadischen McKenzie Delta mikrobielle Gemeinschaften innerhalb von Gashydraten untersuchen. „Für die Mikrobe ist der Mensch so groß wie die Erde für den Menschen“, erklärt der Chemiker Mangelsdorf. Noch 1955 dachte man, dass die Lebewelt in einer Tiefe von knapp acht Metern zu Ende ist. Die Auswertung vieler Daten ergab, dass einer der entscheidenden limitierenden Faktoren die Temperatur ist. Tief unterhalb der Erdoberfläche scheinen die meisten Organismen oberhalb von etwa 80 Grad Celsius abzusterben. Um diese kleinen Lebewesen aufzuspüren, nutzen die Forscher so genannte Biomarker, wie etwa Phospholipide. Diese Moleküle sind ein Bestandteil der Zellhaut und kommen in fast jedem Organismus vor. Stabil sind diese Phospholipide allerdings nur in lebenden Organismen. Kann man in den tiefen Sedimenten solche Biomarker nachweisen, sind sie ein eindeutiger Indikator für lebende Organismen. Erste Ergebnisse zeigen, dass in Mallik in Tiefen von 800 bis 1100 Metern mikrobielle Lebensgemeinschaften aus Bakterien und Archaeen existieren. Warum allerdings in den Gashydratzonen kein intensives Leben herrscht, obwohl dort Methan als Energielieferant vorkommt, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Neue Berechnungen lassen zudem Rückschlüsse auf die Entstehung der Gashydrate zu. So zeigen aktuelle kinetische Modelle, dass im McKenzie Delta das organische Material geeignet ist, schon in Tiefen von 2500 Metern so genanntes „frühes Gas“ zu bilden. Herkömmliche Modelle ergaben Tiefen von rund 5000 Metern. „So bleibt die Erforschung der Gashydratfelder wie auch die Nutzung der Erdwärme ein Forschungsschwerpunkt“, so Shapiro. Kerstin Koch

Kerstin Koch

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