Von Peer Straube: Milchreis wie zu Zeiten des Königs
Hotel am Waisenhaus offiziell eröffnet / Zum Jahresende soll die schwarze Null stehen
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Innenstadt - Der Soldatenkönig war zufrieden. So lange er seine Langen Kerls dort unterbringen könne, wenn sie „malad“ seien, habe er nichts gegen ein Hotel in „meinem Lazarett“, knurrte Friedrich Wilhelm I. versöhnlich.
Der Vater des Alten Fritzen, verkörpert von einem Schauspieler, war der Stargast bei der gestrigen offiziellen Eröffnung des neuen Hotels am Waisenhaus in der Lindenstraße 28/29. Den weit über 100 geladenen Gästen machte es da freilich wenig aus, dass der echte Soldatenkönig bei der Fertigstellung des Gebäudes 1753 längst tot war. Schließlich war er ja der Gründer des Großen Militärwaisenhauses gleich nebenan. Und die Waisenhaus-Stiftung ist es auch, die in dem alten Lazarett-Gebäude, bis Ende der 90er Jahre Sitz der PNN-Redaktion, das Hotel-Projekt auf die Beine stellte. Drei Millionen Euro hat sie für die denkmalgerechte Sanierung des Hauses ausgegeben und dafür auch Fördermittel vom Land erhalten. „Potsdam ist unser Touristenmagnet“, begründete Wirtschaftsstaatssekretär Henning Heidemann die Förderung. „Die Lage ist perfekt für den Fahrradtourismus.“
Denn vor allem Fahrrad- und Wassertouristen sind die Zielgruppe des Hotels. Auch jenen, die nicht mit dem eigenen Drahtesel anreisen, kann geholfen werden. Man biete einen Fahrradverleih an, sagte Hotelchef Dieter Dudeck. Hinter dem Gebäude sollen Jugendliche eines Sozialprojekts der Waisenhaus-Stiftung noch einen Fahrradschuppen bauen, in dem die Gäste ihrer Räder abstellen können. Ohnehin sollen benachteiligte Jugendliche in das Hotelprojekt integriert werden, kündigte Stiftungschef Jürgen Pankonin an. Drei Azubis möchte Dudeck zum neuen Lehrjahr einstellen und sie zwei Jahre lang zur Fachkraft im Gastgewerbe ausbilden. Gesucht würden engagierte Jugendliche, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, sagte der Hotelchef.
Seit zwei Wochen ist das Hotel mit seinen 34 Zimmern, darunter zwei 44 Quadratmeter große Suiten, bereits für Gäste geöffnet. Am 30. März sei man bereits ausgebucht gewesen, für Mai und Juni habe man schon jetzt Buchungen für knapp die Hälfte der Zimmer. Um am Jahresende die angepeilte schwarze Null zu schreiben, müsse die Auslastung bei knapp 50 Prozent liegen, sagte Dudeck.
Die Preise liegen inklusive Frühstück zwischen 69 Euro für die Einzel- und 125 Euro für ein Doppelzimmer, jedes von ihnen ist geschmückt mit einem Bild, die Schüler der benachbarten Voltaire- und der Steuben-Gesamtschule gemalt haben. Darauf, und auf die Geschichte des Gebäudes als Wohnheim für Soldaten und später als Unterkunft für Waisen, soll in einer Hotelmappe hingewiesen werden, die in jedem Zimmer ausliegt. Zum Hotelservice gehört weiterhin das Organisieren von Führungen durch die Stadt – maßgescheiderte Programme auch für jene, die wenig Zeit haben.
Horst Krienelke von der Gemeinschaft der Ehemaligen des Großen Militärwaisenhauses wünschte seiner alten Heimstatt, sie möge wachsen, blühen und gedeihen – und dass nicht jeder Gast mit einem Löffel Rizinus empfangen werde, wie einst die Waisenkinder.
Gestern gab es für jeden ein Töpfchen Milchreis – den bekamen die Kinder früher nur am Geburtstag des Königs.
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