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Landeshauptstadt: Ministerbesuch bei der Tafel

Lidl-Azubis unterstützen die Potsdamer Tafel: Besuch von Matthias Platzeck / Tafel verhandelt über Räume im „Rechenzentrum“

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Innenstadt - Die Schlange vor dem Tor ist mindestens zehnmal so groß wie der Presseauflauf dahinter. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) besuchte gestern die Ausgabestelle der Potsdamer Tafel in der Schopenhauerstraße – zur Öffnungszeit der Essensausgabe. Während die Bedürftigen auf der einen Seite auf das Aufrufen ihrer Nummern warteten, überreichte Platzeck dem Verein „Potsdamer Tafel“ auf der anderen Seite einen Scheck über 500 Euro aus Lottomitteln. Von dem Geld soll eine neue Kühltruhe gekauft werden, sagte der Vereinsvorsitzende Oliver Bohrisch. Platzeck versprach außerdem, den geplanten Umzug der Tafel in die Kantine des ehemaligen Rechenzentrums – Breite Straße Ecke Dortustraße – zu unterstützen.

Anlass seines Besuches war eine Ausbildungs-Aktion der Discounter-Kette „Lidl“. 450 Auszubildende aus ganz Deutschland arbeiteten in den vergangenen zwei Wochen für die Tafeln in Potsdam und Berlin. Außerdem haben sie die Führung in 34 hier ansässigen Lidl-Filialen übernommen. „Wir machen das jetzt bereits zum dritten Mal“, erklärte Frank- Michael Mros, der Deutschlandchef der Discounterkette.

Berichte über die sinkende Spendenbereitsschaft von Supermarkt-Ketten für die Tafeln wies Mros gestern zurück: „Unser Anspruch ist immer noch Frische.“ Speisen im Wert von 80 bis 100 Millionen Euro gebe Lidl pro Jahr an Tafeln weiter.

Ministerpräsident Platzeck begrüßte das Engagement sowohl der Azubis als auch des Trägervereins der Potsdamer Tafel: „Ich bin sehr dankbar für jeden, der hilft, dass Bedürftige auch Hilfe bekommen können.“ Gleichzeitig bedauerte Platzeck, dass Tafeln überhaupt nötig sind: „Solange wir so eine Einrichtung brauchen, läuft irgendetwas schief in der Gesellschaft.“ Er halte deshalb einen Mindestlohn „für überfällig“: „Arbeit muss ordentlich vergütet werden.“ Er betonte auch, dass die Politik der Wirtschaftsförderung in Brandenburg bereits zum Abbau von Arbeitslosigkeit geführt habe.

Bis zu 400 Menschen besuchen die Tafel-Ausgabestelle auf dem Gelände der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde in der Schopenhauerstraße jeden Dienstag, erklärte der Vereinsvorsitzende Bohrisch. Einer der Wartenden in der Schlange vor der Ausgabestelle sprach von mehreren Stunden Wartezeit: „Die ersten stellen sich schon Mitternacht an.“ Zusammen mit den drei anderen Ausgabestellen zählt Bohrisch etwa 1000 regelmäßige Tafel-„Kunden“: „Tendenz steigend.“

Um den Ansturm zu regeln, gebe es bei der Tafel bereits seit drei Jahren „Ausgabekarten“, so Bohrisch. Pro Karte dürften nur zweimal in der Woche Lebensmittel – ein bis zwei Einkaufstüten – abgeholt werden. Pro Monat verteile die Tafel bis zu 35 Tonnen Lebensmittel.

„Wir platzen hier aus allen Nähten“, sagte der Vereinsvorsitzende. Deshalb will die Tafel in neue Räume. Über das Kantinengebäude im ehemaligen Rechenzentrum werde bereits seit 2007 verhandelt. „Der Vertrag ist ausgearbeitet“, sagte Bohrisch. Der Verantwortliche beim Sanierungsträger war gestern urlaubsbedingt nicht zu erreichen.

In der Kantine könnte eine zentrale Sortierstelle für Lebensmittel entstehen, erklärte Bohrisch. So würden nur noch gute Lebensmittel an die Ausgabestellen geliefert und dort Platz gespart. Bohrisch spricht allerdings von 50 000 Euro Sanierungskosten für die Kantine. Der Verein wünsche sich außerdem eine Deckelung der Betriebskosten: „Uns kann keiner sagen, welche Kosten da auf uns zukommen“, sagte Bohrisch. Unklar ist auch, wie lange die Räume genutzt werden können. Denn das Rechenzentrum soll perspektivisch für den Wiederaufbau der Garnisonkirche abgerissen werden.

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