
© Andreas Klaer
Kunstszene Potsdam: Mit alten Mitteln brechen
Mit ihrem Projekt „Kunstpop 2016“ möchte die Potsdamer Musikerin und Filmmusikstudentin Anna-Marlene Bicking die Grenzen der deutschen Popmusik aufweichen – und braucht finanzielle Hilfe.
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Schnelle Beats mit elektronischer Musik, langsame Balladen mit Jazzelementen, große orchestrale Einspielungen oder leise Zwischentöne – Anna-Marlene Bicking möchte sich in ihrer Musik nicht auf einen Stil festlegen. Oder besser gesagt: Sie möchte deutschsprachigen Pop in einer größeren Bandbreite darstellen. „In Amerika ist Popmusik sehr vielseitig und mit anderen Stilen durchmischt“, erklärt die 29-Jährige, die an der Filmuniversität Potsdam Filmmusik studiert und in mehreren Projekten als Sängerin arbeitet. „Bei uns verläuft sich das leider oft in einfach konzipierter Musik.“ Um dem entgegenzuwirken plant sie ein entsprechendes Album einzuspielen – damit die Produktion professionell durchgeführt werden kann, braucht sie allerdings finanzielle Hilfe und hat deswegen ein Crowdfunding-Projekt unter dem Namen „Kunst-Pop 2016“ gestartet.
Noch bis zum 10. Mai können Musikliebhaber die Albumproduktion mit einem selbstgewählten Beitrag ab fünf Euro unterstützen. Wie beim Crowdfunding üblich ist der Unterstützer dabei kein reiner Spender, sondern bekommt eine Gegenleistung. Für fünf Euro gibt es einen Song des Albums, für 25 Euro die komplette CD – und zwar vor dem eigentlichen Veröffentlichungstermin. Denn das Album wird erst im Januar in den Vertrieb gehen, Crowdfundingunterstützer bekommen die CD im November dieses Jahres. Wer über 700 Euro gibt, darf sogar seine eigene Demo-CD aufnehmen.
Musikliebhaber sollen die Produktion mit Spenden unterstützen
Denn die Sängerin und Songwriterin hat nicht nur ein hauseigenes Tonstudio, sondern mit ihrem Freund gemeinsam auch das Label „A&O Records“ in Potsdam gegründet, in dem sie andere Künstler betreut, aber im Sommer letzten Jahres auch ihre erste eigene kleine CD mit sechs Songs veröffentlicht hat. „Glückskind“ heißt die und hat letztendlich auch den Anstoß zum aktuellen Musikprojekt gegeben. „Ich hatte einfach Lust, mit den gängigen Mustern zu brechen und was Neues zu machen“, sagt sie. Inspiration fand sie dabei auch durch ihr Filmmusikstudium in Potsdam. „In der Filmmusik ist einfach alles erlaubt, man kategorisiert dort nicht und darf in alle Richtungen gehen“, sagt sie und ihre blauen Augen blitzen dabei begeistert. „Je nach Szene hört man dann Klaviermusik oder eben deftige Beats.“
Genau dieses Konzept möchte sie auf ihre CD übertragen, die im Januar 2017 im Label Edel:Kultur erscheinen soll, mit dem sich Bickings Label verbündet hat. Insgesamt 16 Songs sind dafür entstanden, alle von Bicking selbst geschrieben und komponiert. Vier davon sind reine Instrumentalstücke, die restlichen zwölf Songs werden von der Filmunistudentin eingesungen – alle in deutscher Sprache. „Da sind Stücke dabei, die bis zu sechs Minuten lang dauern, andere sind ganz kurz und bilden quasi Brücken zwischen den Songs“, so Bicking, die auch schon ein Jazzstudium hinter sich hat. Das Konzept sei dabei „Platz für Bilder im Kopf“, also Raum für eigene Gedanken zu schaffen. Thematisch spiegelt das Album die Auseinandersetzung des Individuums mit der Gesellschaft wider, wie die Musikerin erklärt. „Also welche Rolle nimmt das eigene Ego ein, wie interagiere ich sozial, gibt es so etwas wie Schicksal. Dabei gehe ich schon auch kritisch mit Politik oder Arroganz um, aber immer auf einer eher abstrakten Ebene.“
Auch das Deutsche Filmorchester Babelsberg ist dabei
Damit das Ganze am Ende auch wirklich eine Verschmelzung von klassischerer Jazz- und moderner Popmusik wird, hat sie nicht nur ein Streichquartett, ein Bläserduo und ihre eigene Band, sondern auch das Filmorchester Babelsberg mit ins Boot geholt. Ganz billig ist das natürlich nicht, zumal neben unterstützenden Profis wie dem Orchestrator Alin Cristian Oprea oder Dirigent Bernd Wefelmeyer auch noch die Grafik des Booklets und die Bewerbung sowie der Vertrieb des Albums dazu kommt. „Ich brauche minimal 10 000 Euro, sodass ich zumindest das Orchester aufnehmen und alles mischen lassen kann“, so Bicking. „Tatsächlich ist die Aktion schon so gut angelaufen, dass wir bereits 14 000 Euro zusammen haben, das ist echt super.“ Über noch mehr finanzielle Unterstützung freut sie sich auf jeden Fall trotzdem, wie sie betont. Dabei soll jeder Cent effektiv für das Projekt genutzt werden – etwa für eine besonders schöne künstlerische Gestaltung. So wird nicht nur das Booklet von einer Animationsstudentin der Filmuniversität mit einer phantasievollen Grafik gestaltet, sondern auch ein erstes Musikvideo von ihr umgesetzt. „Das wird tatsächlich animiert sein und in einer Phantasiewelt spielen“, erklärt sie. „Ich freue mich schon sehr darauf.“
Erste Aufnahmen sollen bereits Ende Juni gemacht werden, wobei der Gesang die meiste Zeit in Anspruch nehmen wird, wie Bicking sagt. „Eine Woche muss ich dafür schon Zeit einplanen, da liegt schließlich die ganze Interpretationskraft drin“, sagt sie und ergänzt lachend: „Ich bin nicht immer gleich zufrieden und brauche mehrere Versuche.“
Crowdfunding noch bis zum 10. Mai auf www.startnext.com/kunstpop2016
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