Homepage: Mit Andersartigkeit umgehen Sommerschule für „Kulturelle Vielfalt“: An der Universität denken junge Europäer über Vielfältigkeit nach
„Entweder wir vermengen uns mit anderen oder wir sterben aus.“ Was wie ein kategorischer Imperativ der Deutschen Demographischen Gesellschaft nach der letzten Bevölkerungsprognose klingt, war schon vor einem halben Jahrtausend eine Maxime in Portugal.
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„Entweder wir vermengen uns mit anderen oder wir sterben aus.“ Was wie ein kategorischer Imperativ der Deutschen Demographischen Gesellschaft nach der letzten Bevölkerungsprognose klingt, war schon vor einem halben Jahrtausend eine Maxime in Portugal. Das ließ die Dozentin Graca Capinha von der Universität Coimbra die interessierten Studenten am Neuen Palais wissen. „Poetry and dislocation“, in etwa mit „Dichtung und Verlust der Heimat“ übersetzbar, nannte die Portugiesin ihr Seminar. Capinha forschte in der Vergangenheit zu Emigrationserfahrungen von Portugiesen in den USA und in Brasilien. Ihre Botschaft, die sie aus der Forschungsarbeit ableitete, wie auch für das Seminar lautet: junge Europäer müssen bewusster mit Andersartigkeit umgehen.
Die internationale Sommerschule mit dem Titel „Der Vielfalt ein menschliches Antlitz verleihen: Die Vereinigten Staaten in/von Europa bildet den Rahmen für Seminare wie das von Graca Capinha. Vom 13. bis 27. August richtet die Universität Potsdam das von der Europäischen Union und der US-Amerikanischen Botschaft in Berlin geförderte, englischsprachige Intensivprogramm aus. Ziel des Sommerkurses ist die Untersuchung von Konzepten der Integrationspolitik, vom „Schmelztiegel“ bis zum „kulturellen Mosaik“, wie sie bereits in den USA ihre Anwendung und mehr oder weniger erfolgreiche Umsetzung fanden. Junge europäische Studenten sollen während des Programmes über Fragen zur Integration und kulturellen Vielfalt in der EU diskutieren.
Laut Marc Priewe, 38, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Anglistik/Amerikanistik der Uni Potsdam und Koordinator der Sommerschule, liegt das Hauptaugenmerk der meisten Dozenten auf ethnischen Fragen. Das Format ist laut Priewe sehr erfolgreich: „Es ergibt sich hier eine schöne Möglichkeit, Fragen zum Thema Diversität in kleinen Gruppen von Studenten zu erarbeiten. Die Gruppendynamik ist hervorragend.“ Insgesamt sind sieben europäische Universitäten an der Konzipierung und Umsetzung der internationalen Sommerschule beteiligt. 24 Studierende nehmen am Programm teil. Jeweils ein Gastdozent sowie eine Gruppe von drei bis vier Studenten kamen so aus Universitäten in Finnland, Spanien, Griechenland, Portugal, der Tschechischen Republik und Polen nach Potsdam. Die meisten Teilnehmer sind Amerikanisten im Hauptstudium, dazu kommen vier Doktoranden.
Für Lenka Vánová, 21-jährige Studentin an der Masaryk-Universität Brno, ist die Thematik des Programms von höchster Bedeutung. „Tschechien hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine sehr homogene Gesellschaft und nur wenige ethnische Minderheiten“, erklärt Vánová. „Wir müssen uns erst an die neue kulturelle und ethnische Vielfalt in Europa gewöhnen“, so die Tschechin weiter.
Beatriz Umbon von der Universität des Baskenlandes in Vitoria, Nordspanien, empfindet die Thema als persönliche Anliegen: „Als Basken leben wir Diversität schon von Geburt an.“ An dem Programm gefällt Umbon zudem, andere junge Europäer, anders als über die Medien, richtig kennen lernen zu können. Die 20-jährige studiert Übersetzung und sieht im Thema „Kulturelle Vielfalt“ zudem einen wichtigen Schlüssel für ihre spätere Arbeit.
Die Studierenden absolvieren nicht nur ein täglich achtstündiges und sehr anspruchsvolles Seminarprogramm, sondern präsentieren darüber hinaus noch eigene Ideen und Arbeiten während der Sommerschule. Am 26. August bildet eine öffentliche Paneldiskussion mit Journalisten, Politiker und Wissenschaftlern den Abschluss der Veranstaltung (15 Uhr, Neues Palais, Haus 08, Raum 0.60). Die für drei Jahre konzipierte Sommerschule „Der Vielfalt ein menschliches Antlitz verleihen“ soll laut Koordinator Marc Priewe 2007 im finnischen Joensuu ihre Fortführung finden.
Eik Dödtmann
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