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Von Michael Meyer: Mit Bandage und per Zielsprung

Der 6. Kanalsprint auf dem Potsdamer Stadtkanal bot am Samstag wieder spannende Kanu-Kost

Stand:

Paddelbruch und packende Zweikämpfe, Zusammenstöße und Zielfoto-Entscheidung – der 6. Kanalsprint am Samstag auf dem Potsdamer Stadtkanal bot den wohl hitzebedingt lediglich 1500 Zuschauern alles, was ein Kanu-Wettbewerb bieten kann. Dazu in den Endläufen Favoritensiege durch Ronald Rauhe (Potsdam) gegen Sören Schust (Magdeburg) und Nicole Reinhardt (WSWV Lampertheim) gegen Katrin Wagner-Augustin im Einerkajak sowie Sebastian Brendel gegen Stefan Kiraj (alle Potsdam) im Einer-Canadier.

„Ich bin vor allem froh, dass ich keine Schmerzen hatte und gemerkt habe, dass mein Bein hält“, erzählte Ronald Rauhe, der sich auf den extra gefluteten Kanal in der Yorkstraße bereits zum fünften Mal als schnellster Sprinter erwies. Der Olympiasieger und 13-fache Weltmeister trat am Samstag mit einem dick bandagierten linken Oberschenkel an. Ein Hämatom, zugezogen beim Fußballspielen vor gut zwei Wochen im Trainingslager, behindert noch immer den 28-jährigen Ausnahme- Paddler, dessen Start beim Kanalsprint deshalb sogar auf der Kippe gestanden hatte. „Ich konnte jetzt auch nicht mit voller Beinarbeit paddeln und bin um so zufriedener, dass es trotzdem wieder gereicht hat“, so Rauhe. „Zumal mir mein stärkster Konkurrent durch Paddelbruch nicht mehr gefährlich werden konnte“

Als der Schwede Petter Öström in der 2. Hauptrunde gegen Rauhe antrat, zog er sein Paddel beim Starten so kräftig durch das Wasser, dass das linke Blatt abriss. Der 22-jährige 200-Meter-Fünfte der diesjährigen Europameisterschaften hatte nur dieses eine Paddel bei und konntete mit einem geborgten Arbeitsgerät nur langsam fahren. Bei Hochleistungs- Kanuten ist jedes Paddel mit Länge, Blattfläche und Winkelstellung ganz individuell gestaltet. „Da hat man mit fremden Paddeln keine Chance“, erklärte Rauhe später. „Das ist, als solle ein Sprinter mit geborgten Schuhen laufen.“ Im Halbfinale setzte sich der Potsdamer gegen den Australier Matthew Globe durch, der gemeinsam mit seinen Landsleuten Rachel Dickinson und Chris Che Alagich aus dem WM-Trainingslager in Italien erstmals zum Stadtkanal gekommen war und erklärte: „Das ist hier eine Super-Atmosphäre, aber ein harter Wettkampf – und Ronny ist zu stark für mich.“

Im Canadier konnte sich der 22-jährige Sebastian Brendel knapp des Angriffs seines ein Jahr jüngeren Klubkollegen Stefan Kiraj erwehren. Im Halbfinale war Brendel kurz vor dem Ziel mit dem Potsdamer Jan Vandrey zusammengestoßen und baden gegangen, im Endlauf schoss er vor Kiraj vehement ins Ziel und gleich darauf ins Wasser. Das Zielfoto musste entscheiden und sah ihn hauchdünn vor Kiraj. „Das war ein Zielsprung“, erklärte Brendel später zufrieden. Stefan Kiraj gewann dafür anschließend im Zweiercanadier mit seinem Klubkameraden Ronald Verch vor dem Duo Sebastian Brendel/Kurt Kuschela (Potsdam).

Bei den Frauen landete Nicole Reinhardt im Duell mit Katrin Wagner-Augustin ihren zweiten Kanalsprint-Sieg nach 2008 – und zeigte sich anschließend wenig überrascht. „Katrin und ich trainieren täglich zusammen und kennen uns sehr gut. Deshalb habe ich schon beim Start gemerkt, dass ich heute gewinnen werde“, erzählte die 24-Jährige, die in Potsdam bei ihrem Freund Tim Wieskötter lebt. Wagner-Augustin war aber ebenfalls happy: „Für mich war es schon ein Sieg, es als Nicht-Sprinterin ins A-Finale geschafft zu haben – ich bin sehr zufrieden.“

In den abschließenden Zweier-Rennen setzten sich neben Verch/Kiraj in den Kajas Franziska Weber (Potsdam)/Carolin Leonhardt (Mannheim) sowie die Australier Globe/Alagich durch, ehe Ronald Rauhe mit seiner Freundin Fanny Fischer im Mixed-Zweier gegen Nicole Reinhardt/Tim Wieskötter gewannen. „Ich war mir erst kurz vorm Ziel sicher, dass wir es packen“, meinte Fischer danach.

Gestern reisten Deutschlands beste Kanuten zur Vorbereitung auf die diesjährigen Weltmeisterschaften in Posen wieder ins Trainingslager nach Kienbaum. Nur Ronald Rauhe blieb bis heute daheim. Zum einen, um an der Potsdamer Uni für sein Studium eine Klausur zu schreiben. Zum anderen, um anschließend per Ultraschall nochmal sein Bein untersuchen zu lassen. Schließlich will er in Posen seinen WM-Titel über 200 Meter erfolgreich verteidigen.

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