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Aus dem GERICHTSSAAL: Mit dem Sohn auf Diebestour

Ertappte Langfinger gaben finanzielle Not als Motiv ihrer Taten an

Stand:

Manuela M.* (48) wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Schon einmal sollte gegen die einschlägig vorbestrafte Ladendiebin verhandelt werden. Doch die blieb ihrem Prozess unentschuldigt fern. Der Vorsitzende verfügte daraufhin, die Arbeitslose zum nächsten Termin von der Polizei abholen zu lassen.

Die Frau mit den blondgefärbten strähnigen Haaren zerquetscht einige Tränen, als sie das Urteil vernimmt. Sechs Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung, sowie 200 Stunden unentgeltliche Arbeit. Die Sanktion gegen die Potsdamerin fällt verhältnismäßig hart aus, da sie aus vorhergehenden Bestrafungen offensichtlich nichts gelernt hat. Nur ein halbes Jahr nach Verhängung einer drastischen Geldstrafe wegen Betruges in 17 Fällen – so die Anklage – entwendete sie am 3. November 2006 in einem Supermarkt in der Waldstadt Waren im Gesamtwert von 45,71 Euro. Besonders verwerflich fand es die Staatsanwaltschaft, dass sich die Witwe bei ihrem Beutezug von ihrem damals 16-jährigen Sohn begleiten ließ.

„Sie können sich vielleicht nicht in meine Situation hineinversetzen. Meine Kinder können nicht immer nur die Lebensmittel essen, die sie von der Tafel bekommen“, begründet die Angeklagte ihr Tun. „Und ich hatte kein Geld mehr auf dem Konto.“ Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft runzelt die Brauen. „Sie haben Schnitzel, Kassler und Edelsalami mitgehen lassen, aber auch Shampoo und Tabak. Letzterer ist nicht gerade lebensnotwendig.“ Manuela M. gesteht, für sie schon. „Wir sind alle Raucher.“ „Sie wandeln auf einem schmalen Grat“, gibt der Richter zu bedenken. „Ich hoffe allerdings, dass Sie sich ihre erste Bewährungsstrafe zur Warnung gereichen lassen.“

Auch bei Waldemar W.* (51) war das Geld alle, als er sich am 24. März dieses Jahres dazu entschloss, lange Finger zu machen. Der Obdachlose mit dem gepflegten Äußeren stahl bei einem Discounter Lebensmittel für 13 Euro. Er kommt mit 450 Euro Strafe davon. Erst Anfang dieses Jahres wurde Waldemar W. wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und exhibitionistischer Handlungen verurteilt. Damals wohnte er noch im Zentrum-Ost. Jetzt lebt er im Lerchensteig. „Zum Monatsende hin ist es immer schwierig, mit den paar Euro auszukommen, die ich zur Verfügung habe“, gesteht der Hartz-IV-Empfänger. „Es wird aber nicht besser, wenn man dann klauen geht“, so das Gericht. „Sie mussten die Fangprämie bezahlen. Jetzt kommt die Geldstrafe dazu. Es lohnt sich nicht wirklich.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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