Homepage: „Mit der ganzen Welt verbunden“ Austauschprofessor James Arnold über die Lehre, seine Studenten und Literatur aus der Karibik
James Arnold ist derzeit am Institut für Romanistik der Universität zu Gast. Er lehrt seit 40 Jahren an der Universität Virginia in den USA.
Stand:
James Arnold ist derzeit am Institut für Romanistik der Universität zu Gast. Er lehrt seit 40 Jahren an der Universität Virginia in den USA. Sein Spezialgebiet sind die Literaturen der Karibik. Den PNN berichtete er von seinen Eindrücken.
Herr Arnold, wie kommt ein Karibik-Spezialist aus dem US-Bundesstaat Virginia nach Golm?
Das ist schnell beantwortet. Ich habe im Frühjahr 2005 Professor Ette vom Institut für Romanistik bei einer Konferenz in Belgien getroffen. Da kam der Gedanke auf, das Lehrangebot an der Universität Potsdam internationaler zu gestalten.
Was fiel Ihnen auf, als Sie das erste Mal nach Golm kamen?
Der Campus ist eine einzige riesige Baustelle!
Ich habe gehört, dass Studenten in den USA im Seminar essen dürfen. Wo sehen Sie Unterschiede im Uni-Betrieb?
Heute dürfen Studenten in den USA im Seminar essen. Im Laufe meiner langen Zeit als Professor hat sich das vollständig gewandelt. Heute tun Studenten so ziemlich alles, was sie wollen. Es gibt aber einen Punkt, wo die Studenten in den USA ordentlicher sind, als in Potsdam. Sie unterhalten sich nicht, während der Professor seine Vorlesung hält.
Fordern Studenten in den USA mehr vom Professor?
Das ist schwer zu sagen. Wenn man über „Studenten“ im Allgemeinen spricht, sagt man zwangsläufig etwas Albernes. Ich glaube, dass die Studenten sich hier wie dort ähnlich auf die Seminare vorbereiten.
Das Studium in den USA ist erheblich teurer als hier.
Das stimmt. Ich habe mit meinen Studenten noch nicht über dieses Thema gesprochen. Ich habe mich schon mit einigen von ihnen unterhalten, meistens am Bahnhof. Sie erzählen mir dann, wo sie herkommen. Die meisten sind nicht von hier. Nun, es ist mir ein Rätsel, wieso sie hierher gekommen sind. Ich weiß, wie es in den USA funktioniert. Es ist, wie Sie sagen, ein Ausbildungsmarkt. Die Studenten gehen an die beste Uni, die sie sich leisten können. Also bezüglich ihrer geistigen Fähigkeiten und des Geldbeutels ihrer Eltern. Dieses System ist hart, aber ich verstehe, wie es funktioniert. Weshalb meine Studenten hier sind, und nicht irgendwo anders, ist mir aber völlig unklar.
Mir scheint, dass US-Professoren ein engeres Verhältnis zu ihren Studenten haben, als deutsche.
Es ist nicht nur eine Eigenschaft der deutschen Professoren. Diese traditionelle Distanz zwischen Student und Professor treffen wir auch in Frankreich, in Spanien und in Italien an, das vermute ich zumindest. Also scheint Deutschland hier keine Ausnahme zu sein. Eher sind wir in den USA die komischen Vögel.
Das US-System gilt hier oft als vorbildlich. Haben Sie das Gefühl, dass es besser funktioniert?
Ich will dieser Frage nicht ausweichen. Ich weiß nicht, zu welchen Ergebnissen das deutsche Uni-System im Ganzen führt. Man könnte sagen, dass Freude und Zufriedenheit dann entstehen, wenn die Endergebnisse den Erwartungen entsprechen. Wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht, dann folgen daraus Frustration und Unzufriedenheit.
Die Karibik ist kulturell sehr heterogen. Die USA sind es auch. Wie reagieren deutsche Studenten auf ihre Vorlesungen?
Sie haben schon Recht, die Bevölkerung in den USA ist heterogener als in Deutschland. Aber es wäre nicht richtig, zu sagen, dass in meiner Vorlesung über die Karibik nur Deutsche säßen. Ich sehe dort Kubaner und andere Menschen, die offenbar aus der Karibik kommen, aber auch Türkinnen. Zumindest nehme ich an, dass sie aus der Türkei sind. Sie verfolgen die Vorlesung sehr aufmerksam.
Was können wir von karibischen Literaturen lernen?
Eine ausgezeichnete Frage, denn sie erklärt ja, warum ich hier bin. Mir geht es in Studien über die Karibik um das Phänomen, dass wir alle mit dem Rest der Welt verbunden sind. Ob es uns gefällt, oder nicht. Und ständig wird der Kontakt zwischen den Nationen enger. Wenn das so ist, dann können wir auch annehmen, dass wir einen Vorteil davon haben, karibische Literaturen zu betrachten. Wir erfahren dann, wie Menschen in der Vergangenheit, im Fall der Karibik in jüngster Vergangenheit, auf erwünschten oder unerwünschten Kontakt mit Fremden reagiert haben. Ich denke, dass das auch die Deutschen interessieren dürfte.
Das Interview führte Mark Minnes
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: