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Landeshauptstadt: Mit Fanfare um die Welt

Potsdamer Fanfarenzug schreibt Stadtgeschichte

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Klaus Gesierich hat der Landeshauptstadt nicht nur eine Weltmeisterschaft der besonderen Art beschert, sondern auch einen Verein, der Stadtgeschichte geschrieben hat. Der heute 76-Jährige gründete vor 45 Jahren den Potsdamer Fanfarenzug. Dem Verein gehörten über die Jahrzehnte rund 5000 Menschen an. Die Instrumentaltruppe mit 90 Bläsern und Trommlern im Alter zwischen 7 und 39 Jahren hat deutsche Meisterschaften, europäische Wettbewerbe sowie Weltmeisterschaften gewonnen. Bei den Welttitelkämpfen 2001 vor heimischem Publikum belegte sie den dritten Platz. Für die derzeit rund 150 Vereinsmitglieder ist der Fanfarenzug neben einem anspruchsvollen Hobby vor allem auch ein Stück Familie.

Pressesprecher Eyk Waelisch ist seit 31 Jahren dabei und heute mit 39 Jahren das älteste Mitglied. „Meine Mutter liebte Trompetenmusik, und da auf der Musikschule kein Platz in diesem Fach frei war, schickte sie mich im Alter von acht Jahren zum Fanfarenzug“, erinnert er sich. Im Laufe der Jahre habe er dort auch einen Freundeskreis aufgebaut und seine Ehefrau, die Mitglied des Fanfarenzugs von Hoyerswerda war, kennengelernt.

Heute hilft Eyk Waelisch dabei, den Nachwuchs auszubilden. Einer davon ist Jago Dreyer. Der Elfjährige übt seit knapp zwei Jahren das Fanfaren-Spiel und hat bereits seine ersten öffentlichen Auftritte mit der Gruppe absolviert. „Ich fand den Fanfarenzug toll, als ich ihn das erste Mal gehört habe, und wollte unbedingt mitmachen“, schwärmt der Grundschüler und übt beim Training begeistert Melodien, Instrumentenhaltung sowie Schrittfolgen und Wendungen. Denn beim Fanfarenzug kommt es nicht nur auf fehlerfreies Spielen an, sondern auch auf einheitliche Bewegungen des ganzen Klangkörpers.

Der englische Begriff für diese Art von Orchester heißt „Marching Show Band“. Doch in die militärische Ecke lassen sich die Mitglieder nicht rücken. „Wir laufen einheitlich und marschieren nicht“, sagt Gründer Gesierich. „Welche Armee marschiert schon rückwärts oder seitwärts“, fragt er schmunzelnd. Jahrelang hat Gesierich für die Truppe Choreographien entwickelt, die aus Wendungen, Schrittwechseln und Wirbeln der Trommelstöcke bestehen.

Die Bewegungen müssen akkurat ausgeführt werden und exakt zur gleichen Zeit passieren, damit ein homogenes Bild bei den Auftritten entsteht. Amerikanische und asiatische Marching Bands hätten im Gegensatz zu den Potsdamern einen viel stärkeren Drill, schildert Waelisch seine Beobachtungen bei internationalen Wettbewerben. Diese Nischensportart habe überall in der Welt begeisterte Anhänger und der Potsdamer Fanfarenzug ist mit seiner Marschmusik bereits überall in Europa getourt, dazu in Kanada, Australien und Malaysia.

Starke Konkurrenz gibt es für die Potsdamer gleich nebenan. Der Strausberger Fanfarenzug gehört neben dem Potsdamer und dem Dresdener Zug zu den führenden Musikgruppen dieser Art in Deutschland. „Bei den deutschen Meisterschaften 2007 haben sie uns ganz knapp die Show gestohlen“, sagt Waelisch. Bei der diesjährigen Meisterschaft konnten die Potsdamer aber den Titel wieder zurückholen. Im internationalen Vergleich sei unter anderen von den Holländern, Tschechen und Dänen starke Konkurrenz zu erwarten, sagt Waelisch.

Etwa acht Stunden probt das Kern-Orchester wöchentlich. In den zwei Wochen vor wichtigen Wettkämpfen wird täglich geübt. 50 Titel hat das Orchester im Repertoire, dessen Altersschwerpunkt bei den 17- bis 25-Jährigen liegt. Dabei können die Jugendlichen nicht nur altbekannte Märsche wie den „Fehrbelliner Reitermarsch“ intonieren, sondern haben auch eine Händel-Komposition, „We will rock you“ von der Rockband Queen und Bill Haleys „Rock around the Clock“ im Programm.

Beatrice George

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