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Landeshauptstadt: Mit Gift

Streit um Altlastenbeseitigung auf dem Grundstück des Palais am Stadthaus / Grundwasser belastet

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Innenstadt - Seit zehn Jahren wissen Gutachter, dass das Grundwasser unter dem Palais am Stadthaus in der Friedrich- Ebert-Straße 37 mit Chemikalien belastet ist. Seit 1997 weiß dies auch die Stadt Potsdam. Geschehen ist bis heute nichts – die giftigen Überreste einer chemischen Reinigung, die auf diesem Gelände in den 70er Jahren ansässig war, sind weiter im Boden. Seit Jahren streiten sich Grundstückseigentümer und Stadt darüber, wer für die Altlast zuständig ist. Die Substanzen im Boden vergiften bis heute die Luft und das Grundwasser, das in Richtung Havel fließt. Ein Umweltskandal, der alle Bürger Potsdams anginge, findet Dieter Mann, einst Mitgesellschafter der im Palais untergebrachten, mittlerweile geschlossenen Firma „Gartenträume“. Zudem sei das Gebäude wegen der Kontamination und der ungeklärten Sanierungsmaßnahmen nicht nutzbar.

Gestern warf die Eigentümerin des Palais-Areals, Ira Schwarz, der Stadt vor der Presse Untätigkeit vor. So sei trotz einer schriftlichen Zusage von Oberbürgermeister Jann Jakobs zur Übernahme von Untersuchungs- und Bodensanierungskosten bislang nichts geschehen. In seinem Schreiben vom 20. Dezember 2005 hatte Jakobs versichert, „dass der eigentlichen fachlichen Arbeit nun nichts mehr im Wege steht“. Drei Monate sind seither vergangen, ohne dass die Arbeiten begonnen hätten.

„Das Grundstück kann nicht genutzt werden, damit gehen Werte und Wirtschaftskraft verloren“, sagte Dieter Mann. Er hatte zum 31. Oktober vergangenen Jahres sein Geschäft geschlossen, weil eine so genannte Quellensanierung angekündigt gewesen sei (PNN berichteten). Die im Palais als Büros vorgesehenen Räume sowie ein Fachwerkhaus, das als Café vermietet werden sollte, seien ebenfalls nicht nutzbar.

Ira Schwarz hatte das Grundstück 1996 von einer jüdischen Erbengemeinschaft erworben. Während der umfangreichen Ausbau- und Sanierungsarbeiten an dem Gebäudekomplex waren Verunreinigungen des Bodens und Grundwassers entdeckt und durch verschiedene Gutachten bestätigt worden. Die Kontamination durch Perchlorethylen und Trichlorethylen ist auf eine bis 1975 auf dem Grundstück ansässige Reinigungsfirma zurückzuführen. Eine im Boden eingelassene Schlammfangrube stammt vom städtischen Fuhrpark, der dort bis zur Wende untergebracht war. 2003 bestätigte eine Untersuchung der Firma Geodata erneut eine Belastung des Grundwassers.

Für Grundwasserkontamination ist eigentlich die Untere Bodenschutzbehörde zuständig. Laut Aussage des Brandenburgischen Landesumweltamtes hätte sie unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung der Altlasten einleiten müssen. Für die anfallenden Sanierungskosten ist einem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge der Alleinverursacher der Verunreinigung zuständig. Nach Aussage von Rechtsanwalt Karl Alich, der Eigentümerin Ira Schwarz vertritt, war die Stadt Potsdam bis zum Fall der Mauer Rechtsträger des Grundstücks – und zugleich Umweltschutzbehörde. Durch einen Sanierungsbescheid stünde sie daher selbst in Kostenpflicht.

In einer schriftlichen Stellungnahme von gestern bestreitet die Stadtverwaltung dies jedoch. Darin heißt es: „Der ehemalige Rat der Stadt Potsdam war zu keinem Zeitpunkt Betreiber dieser Reinigung. Die Stadtverwaltung scheidet somit als Verursacher oder Rechtsnachfolger aus.“ Weiterhin wird dem Eigentümer die Verweigerung einer kooperativen Zusammenarbeit vorgeworfen.

Doch Palais-Eigentümerin Schwarz ist der Stadt bereits weit entgegen gekommen. Ende vergangenen Jahres hatte sie sich bereit erklärt, sich an den Sanierungskosten mit 50 000 Euro zu beteiligen. Dieses Angebot nahm Jann Jakobs in seinem Schreiben vom Dezember an. „Obwohl alles vorbereitet ist, geht es einfach nicht weiter“, so Dieter Mann am Freitag. Mit dem Verweis auf einen ähnlichen Fall geht er bezüglich der Beseitigungskosten von einer Gesamtsumme von mehreren hunderttausend Euro aus.

Ira Schwarz ist die langwierigen Streitereien in dieser Angelegenheit allmählich leid. In das Gebäude-Ensemble hat sie insgesamt 3,5 Millionen Euro investiert. Wirtschaftlich nutzen konnte sie die Räumlichkeiten bislang nur teilweise. „Ich möchte, dass das endlich mal zu Ende ist und ich meine Ruhe habe.“ Vorerst kann sie nur die Einleitung der nötigen Maßnahmen durch die Untere Bodenschutzbehörde, also durch die Stadt, abwarten.

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