Landeshauptstadt: Mit Handschlag in den Zellentrakt
Tag der offenen Tür im Polizeischutzbereich
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Tag der offenen Tür im Polizeischutzbereich Von Matthias Oden Der Wagen kippt abrupt auf die Seite und stellt sich dann auf den Kopf. Man hängt im Gurt und schaut an der Decke sitzend auf eine verkehrte Welt, während das Blut in den Kopf schießt und den Druck in den Augen von Sekunde zu Sekunde anwachsen lässt. Die Füße gegen das Armaturenbrett gestemmt, den Kopf mit dem Ellbogen abgestützt und mit der anderen Hand den Gurt gelöst: Die Schwerkraft ergreift sofort Besitz vom Körper, der nach unten sackt und seitlich rollt man sich aus dem Wagen heraus. Der Test im Rettungssimulator der Polizeiwache Mitte ist überstanden – mit pochenden Schläfen, aber ohne gefährliche Halswirbelverletzung, wie sie ohne die richtige Abrolltechnik im Ernstfall droht. Am Sonnabend lud der Polizeischutzbereich Potsdam, Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow zum Tag der offenen Tür in die Polizeiwache Mitte. Mit Attraktionen wie dem Rettungssimulator war es Absicht gewesen, zugleich „zu informieren und zu unterhalten“, so Jörg Barthel, Polizeioberrat und Leiter der Führungsstelle. Der Tag der offenen Tür solle durch seinen festlichen Charakter mit Musik, gastronomischer Versorgung und Spielangeboten für Kinder zeigen, „dass Polizisten auch nur Menschen sind.“ Man wolle den Kontakt mit den Bürgern suchen, um sich gegenseitig kennen zu lernen und Vorurteile abzubauen. Die Resonanz sei „sehr gut“, freute sich Barthel, „die Gäste nehmen die Angebote an.“ Die Gunst der knapp 500 Besucher war aber zweigeteilt und auf die praktischen Programmpunkte konzentriert: Während die Infostände mit Broschüren über Einbruchsschutz und die Aufgaben der Wasserschutzpolizei nur wenig beachtet wurden, konnten sich die Beamten von der Spurensicherung mit ihren Pinseln, Pulvern und Abziehfolien der Aufmerksamkeit des Publikums gewiss sein. Auch der Zellentrakt der Polizeiwache erfreute sich reger Frequentierung. In einer fast schon aseptisch wirkenden Umgebung – im Fliesenboden eingelassenes Klo inklusive – nüchtern hier normalerweise Trunkenbolde ihren Rausch aus. „So drei- bis viermal pro Woche ist die Zelle besetzt“, gibt der anwesende Beamte Auskunft. Oftmals mit alten Bekannten. „Die begrüßt man dann schon fast mit Handschlag – wenn sie dazu in der Lage sind“, sagt er schmunzelnd. Einer der kleineren Besucher aber musste angesichts der Gitterstäbe vor den Fenstern und Fußschellen in der Verwahrzelle von seiner Mutter beruhigt werden – „Wir gehen doch nicht wirklich ins Gefängnis, wir sind nur zu Besuch.“ Dass der Tag der offenen Tür aber nicht als reine Spaßveranstaltung konzipiert war, belegte die Ausstellung über Alkohol am Steuer. Im Eingangsbereich der Wache aufgestellt, konfrontierten zwölf Plakatwände die Besucher schon zu Anfang mit den Konsequenzen. Unfallstatistiken und Straßenkreuze stimmten nachdenklich und klangen mit, als Barthel über das Verhältnis zwischen Bürgern und Polizei referierte: „Polizei und Bürger kommen gut miteinander aus, nur im Verkehrsbereich sind die Potsdamer etwas schwierig.“ Ein Problem seien die vielen Fahrraddiebstähle, allein im letzten Jahr seien es über tausend gewesen. Mit der ebenfalls angebotenen Fahrradcodierung nutze man daher den Infotag gleich für Prävention mit, so Barthel.
Matthias Oden
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