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Landeshauptstadt: Mit „Helga“ im Eis

Lange Nacht der Wissenschaften mit 100 00 Besuchern: Interesse an Energie, Klima und Mathematik

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Einmal in die Rolle eines Polarforschers auf einer Bohrinsel schlüpfen, das konnten Kinder erstmalig bei der 8. Langen Nacht der Wissenschaft am vergangenen Samstag in Potsdam. Nicht nur die Plattform war unter den Besuchern ein Glanzpunkt, auch das neue Durchlässigkeitsexperiment von Steinen musste ausprobiert werden. Fast 10 000 Besucher strömten über das Gelände am Telegraphenberg und erkundigten sich bei den aufgeschlossenen Mitarbeitern der Institute bis spät in die Nacht über neue Energiequellen, Klimafolgen oder Polarforschung.

Die Polarforscher sorgten in diesem Jahr für einen neuen Höhepunkt. Das Team rund um Dr. Paul Overduin vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung hatte erstmalig die Bohrinsel „Helga“, die zur Untersuchung von Eis und Permafrost dient, aufgestellt. „Wir können mit den Ergebnissen der Bohrungen die Klimageschichte rekonstruieren“, erklärte Overduin seinem Publikum. Weil die Bohrplattform leicht zu zerlegen sei, könne sie überallhin leicht transportiert werden. So konnten die kleinen Polarforscher auch mal selbst so richtig im Schlamm wühlen. Erstaunt waren die aufmerksamen Kinder, als sie hörten, wo die Plattform schon überall Station gemacht hat. Geforscht wurde damit nämlich schon in Tibet, Sibirien oder der Antarktis.

Für Verwunderung sorgte das Durchströmungsexperiment des GeoForschungs Zentrums Potsdam, das zum ersten Mal vor Ort aufgebaut wurde. Dass Steine wasserdurchlässig sind,erstaunte die Gäste. Bei dem Experiment wurde an einen Glaskörper mit einer darin enthaltenen Sandsteinprobe eine Handpumpe angeschlossen. Besucher konnten damit Wasser durch den Glaskörper pumpen. Wenn der Druck ausreiche, nehme das Wasser seinen Weg durch die Porenräume, erklärt Andreas Katz, Physiker im GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam. „Steine sind alles andere als undurchlässig“, sagte der Katz den interessierten Gästen. Denn Steine hätten auch viele Poren und Risse, erläuterte er.

Ob man so etwas auch für Energiegewinnung nutzen könne, wollten einige Besucher wissen. „Das könnte sogar die Energie der Zukunft sein“, betont Katz. Denn auch über eine Bohrung in der Tiefe könne Wasser gepumpt werden, einen Stein durchströmen und Erdwärme transportieren, so Katz. Überhaupt schien Nachhaltigkeit vor allem die erwachsenen Besucher sehr zu beschäftigen. Viele Fragen wurden zum Integrierten Seismischen Imaging System (ISIS) gestellt, für das Rüdiger Giese und sein Team am vergangenen Mittwoch den „Technologie-Transferpreis 2008“ von der Technologie Stiftung Brandenburg erhielt. Ob Jung oder Alt, die vielenFragen wollten in dieser Nacht kein Ende nehmen. „Man bekommt hier sehr gut verständliche Antworten“, sagte Anja Gross aus Caputh. Vor allem aber sei dieVeranstaltung familienfreundlich. So hat es ihrer 13-jährigen Tochter Johanna am meisten Spaß gemacht, mit dem Hammer ein kleines Erdbeben auszulösen.

Die Veranstalter konnten jedoch eines nicht beeinflussen: eine große dunkle Wolke, die sich kurz vor Mitternacht in das Sichtfeld des Großen Refraktors schob und damit den Blick in die Sterne versperrte.

Die Mathematiker der Uni Potsdam, die bereits am Freitag zu einer Langen Nacht geladen hatten, lassen sich von solchen Unwägbarkeiten nicht beeindrucken. Vor allem Schüler und Studenten waren zum Neuen Palais gekommen, um Primzahl-Rommé zu spielen, Knoten durch reines Nachdenken zu lösen, Minimalflächen auf Seifenhäuten zu entdecken und die Verbindung von Geometrie und Musik zu verstehen. Eine Nacht bizarrer Knobeleien. Susanna Maier/AHC

Susanna Maier

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