Aus dem GERICHTSSAAL: Mit mindestens 1,88 Promille in den Graben gerauscht ...
... und dann am Steuer eingeschlafen / Angeklagter schwieg zum Tatvorwurf / Geldstrafe
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Der Dame mit dem Hund kam die Sache suspekt vor: Ein beleuchtetes Auto mit geöffneter Fahrertür und Heckklappe stand im Graben, am Steuer ein regloser junger Mann. „Ich hatte kein Handy dabei. Deshalb bin ich schnell nach Hause gelaufen und habe meinen Gatten geholt“, berichtet Petra S. (43) im Zeugenstand. Der sprach den vermeintlich Schlafenden von Weitem an, alarmierte dann die Polizei.
„Es war der 5. Mai und Herrentag“, erinnert sich Nicole S. (24). „Als wir den offensichtlich Alkoholisierten gegen sechs Uhr morgens vorfanden, dachten wir noch, der hat ja früh angefangen zu trinken.“ Hinter den Hinterrädern des festgefahrenen Fiat Bravo – so die Polizeibeamtin – hätten diverse CD-Hüllen gelegen. Offenbar habe der Fahrer versucht, sein Mobil wieder flottzukriegen.
Das allerdings war vergebliche Liebesmüh. Der Fiat Bravo verfügt über Frontantrieb. „Es wäre sinnvoll gewesen, griffige Materialien unter die Vorderräder zu legen“, führt der Kfz-Sachverständige Karsten Laudien aus.
Mit mindestens 1,88 Promille war der vermeintliche Fahrer wohl nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Der Polizeibeamte Oliver B. (33) hatte Mühe, den am Lenkrad sanft Schlummernden wachzukriegen. „Der junge Mann stieg torkelnd aus. Mit uns sprechen wollte er nicht. Ich habe daraufhin eine Blutprobe angeordnet, ihn der Wache zugeführt und seinen Führerschein beschlagnahmt“, resümiert er.
Marcel M. (21), der sich wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr vor dem Amtsgericht verantworten muss, schweigt zum Tatvorwurf. Das ist sein verfassungsmäßig verankertes Recht. Der Verteidiger des Informatik-Azubis zeichnet das Bild einer Zechtour, an der mehrere Feiernde teilgenommen haben könnten. Dass sein Mandant am Steuer des Fiat gesessen habe, als er im Graben landete, sei nicht zu beweisen. Die übrigen Insassen – so der Anwalt – könnten das Weite gesucht haben, als sie die missliche Situation erkannten. Da Marcel M. Halter des Autos ist, sei nicht auszuschließen, dass er auf dem Fahrersitz auf Hilfe gewartet habe, dabei eingeschlafen sei. Für die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft hat sich der Anklagevorwurf allerdings in vollem Umfang bestätigt. Sie beantragt, den Potsdamer zu einer Geldstrafe von 1200 Euro zu verurteilen. Auch Amtsrichterin Waltraud Heep hegt keinen Zweifel an der Täterschaft von Marcel M. „Der Angeklagte wurde am Morgen des Himmelfahrtstages gefunden. Dass man mit Kumpels in diesen hineinfeiert, habe ich noch nicht gehört“, stellt sie klar und verurteilt den Lehrling zu einer Geldstrafe von 400 Euro sowie weiteren fünf Monaten Fahrerlaubnissperre. Bevor er wieder ans Steuer eines Autos darf, muss er allerdings erst den „Idiotentest“ bestehen. gh
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