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Prof. Dr. Rolf Emmermann über Umbenennungspläne und laufende Projekte am GFZ Potsdam

Stand:

Herr Professor Emmermann, vor Kurzem kündigte der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft an, dass alle Einrichtungen der Gemeinschaft – und damit auch das Geoforschungszentrum Potsdam – künftig den Namen Helmholtz tragen sollen. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?

Das Anliegen unseres Präsidenten ist verständlich. Alle Zentren sind jedoch rechtlich selbstständig, haben ihre eigenen Gremien und treffen ihre Entscheidungen in eigener Verantwortung. Der Präsident kann eine Umbenennung also nicht einfach verfügen. Grundsätzlich unterstützen wir dieses Vorhaben ebenso wie die programmorientierte Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft. Es gibt aber Einrichtungen, die prinzipiell gegen eine Umbenennung sind, weil sie unter ihrem derzeitigen Namen international weit bekannt sind, und dieser Bekanntheitsgrad durch eine Umbenennung verloren gehen könnte. Auch wir möchten unseren Namen als Markenzeichen wiedererkennbar erhalten. Denkbar wäre zum Beispiel die Bezeichnung „GFZ Potsdam – Helmholtz-Zentrum für Geoforschung“. Diesem Vorschlag hat sich unser Aufsichtsgremium auf seiner letzten Sitzung im Juni aber nicht angeschlossen mit dem Hinweis, dass man einer einheitlichen Namensgebung aller Helmholtz-Zentren nicht vorgreifen solle. Die Frage, wie man einen bewährten Namen mit dem Logo Helmholtz-Zentrum verbindet, ist bisher noch nicht befriedigend beantwortet.

Ihr Vertrag als Wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des GFZ Potsdam läuft im Mai nächsten Jahres aus. Was machen Sie danach?

Ich habe von ganz verschiedenen Seiten Anfragen und auch schon konkrete Angebote vorliegen, über die ich derzeit aber noch nicht sprechen möchte.

Außerhalb des Katastrophenfalls wird die Arbeit von Geoforschern öffentlich kaum wahr genommen. Warum?

Ich weiß nicht, ob das so stimmt. Wenn ja, hätte ich es aber gern anders.

Was kann Ihr Berufsstand dagegen tun?

Die Geowissenschaftler müssen Themen aufgreifen, die für die Gesellschaft eine Relevanz haben und die Öffentlichkeit interessieren. Das GFZ Potsdam hat eine Reihe solcher Projekte.

Sie nehmen Bezug auf das Projekt zur Speicherung von Kohlendioxid im brandenburgischen Ketzin?

Ja, zum Beispiel. Darüber hinaus finden unsere Satellitenprojekte große internationale Beachtung, und in Wissenschaftlerkreisen ist das GFZ Potsdam nicht nur in der Katastrophenvorsorge und im Katastrophenmanagement bekannt.

Bei dem Ketziner Projekt ist das GFZ federführend. Wie weit ist das Projekt fortgeschritten?

Die Vorarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. In den nächsten Monaten wollen wir in Ketzin drei Bohrungen durchführen. Anschließend kommen die ersten Tankfahrzeuge mit flüssigem Kohlendioxid, so dass man dann mit der Untergrundspeicherung beginnen kann.

Das Verfahren steht in der Kritik. Es ist beispielsweise umstritten, ob das Kohlendioxid in tieferen Gesteinsschichten gespeichert werden kann.

Ich glaube nicht, dass die Kohlendioxidspeicherung ein prinzipielles Problem darstellt. Am Standort Ketzin ist früher Erdgas gespeichert worden. Wir gehen mit unseren Bohrungen tiefer in den Untergrund, als der ehemalige Erdgasspeicher war, um größtmögliche Sicherheit bei der Durchführung des Projekts zu gewährleisten. Eine wichtige Frage ist, wie sich das Kohlendioxid im Untergrund verhält. Das kann man im Labor mit Experimenten testen, die wir auch schon durchgeführt haben. Mit einer Bohrung wird das Kohlendioxid in die Erde eingebracht, mit zwei Beobachtungsbohrungen wird kontinuierlich überprüft, wie es sich verhält.

Birgt das Verfahren Risiken?

Aus meiner Sicht nicht. Kohlendioxid ist im Gegensatz zu Erdgas nicht brennbar. Man muss jedoch beobachten, wie es in Wechselwirkung mit dem im Gestein vorhandenen Wasser reagiert.

Welche weiteren Projekte laufen derzeit am GFZ?

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – ebenfalls einem Helmholtz-Zentrum – möchten wir hier in Potsdam ein Prozessierungszentrum für hochpräzise Auswertungen der Signale des zukünftigen europäischen Galileo-Satellitensystems aufbauen. Zudem sind wir am Satelliten-Projekt GRACE beteiligt, das von der NASA geleitet wird. Dabei übernehmen wir die gesamte wissenschaftliche Auswertung der Daten für Europa. Des weiteren sind wir am Satelliten-Projekt SWARM der Europäischen Raumfahrtagentur ESA federführend beteiligt, bei dem drei Satelliten ab 2009 Erdmagnetfelduntersuchungen beginnen werden. Im Deutschen Raumfahrtprogramm haben wir kürzlich eine weitere Satellitenmission gewonnen: Environmental Mapping, kurz EnMAP. Dieser Satellit dient der Umweltbeobachtung und -überwachung und startet 2010.

Welche Anwendungen resultieren daraus?

Mit GRACE sollen vor allem Ozeanströmungen gemessen werden, die für das Klima unseres Planeten eine wichtige Rolle spielen. Mit EnMAP haben wir eine ganz neue optische Technologie, mit der Deutschland international eine Führungsrolle übernimmt. Dabei untersucht man den Wellenlängenbereich vom Ultravioletten bis Infraroten Licht und kann so unterschiedliche Materialen identifizieren oder physikalische Eigenschaften bestimmen: Man kann zum Beispiel Pflanzenarten unterscheiden, Vegetationsschäden erkennen, Wüstenbildung und -ausdehnung bestimmen, Feuchtigkeit im Boden registrieren oder auch den Temperaturanstieg von Vulkanen als Hinweis für einen Ausbruch detektieren.

Das Gespräch führte Nana Heymann. Prof. Dr. Rolf Emmermann hält heute im Rahmen der internationalen Geoforschungstagung in Potsdam ab 19 Uhr im Nikolaisaal einen Vortrag zum Thema „Das dynamische System der Erde verstehen, Naturgefahren früh erkennen: Erfassung des Systems Erde mit Satelliten und Fernerkundungstechnologien“

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