Landeshauptstadt: Mit Neuem auf „verbrannter Erde“
Heute feiert Potsdam TV den ersten Jahrestag des Sendestarts - Eine Bilanz
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Heute feiert Potsdam TV den ersten Jahrestag des Sendestarts - Eine Bilanz Von Dirk Becker An Friedrich Schiller lässt sich Dieter Resch messen. „Das Neue dringt herein mit Macht, das Alte, das Würdig scheidet, andere Zeiten kommen“, diese Zeilen aus Wilhelm Tell hat sich Resch gerahmt über seinen Schreibtisch gehängt. Als er Ende Mai vergangenen Jahres mit zwei weiteren Lokalsenderbetreibern die Sendelizenz für Potsdam erhielt, da wusste Resch, dass hier einiges an Neuem notwendig sein würde. Doch was er als neuer Geschäftsführer in den Sender Potsdam TV investieren musste, war dann weit mehr, als er erwartet und geplant hatte. Die Technik, die Resch in den Räumen der Weinmeisterstraße vorfand, für ein vernünftiges Lokalfernsehprogramm taugte dieses „geflickte Zeug“ nicht. Ein Container wurde bestellt. Geblieben ist nur ein älteres Abspielgerät, um die Aufnahmen vor seiner Zeit auch heute noch anschauen und überspielen zu können. 200000 Euro investierte die Geschäftsführung in neue Technik. Das Geld kam von der Hausbank des Hauptgesellschafters, da ortsansässige Banken jeglichen Kredit verweigerten. Die Querelen um das Stadtfernsehen in den vorangegangenen Monaten waren noch zu präsent. Ende 2002 zog sich der Berliner Unternehmer Andreas Pieroth, der das Potsdamer Stadtfernsehen 1997 gegründet hatte, wegen finanzieller Schwierigkeiten aus dem Lokalfernsehgeschäft in Potsdam zurück. Nachdem auch die fast komplette Belegschaft unter dem Nachfolger Ronald Mundzeck zurücktrat, ging es mit dem Sender immer weiter bergab. Im Frühjahr 2003 musste Mundzeck Insolvenz anmelden. „Ich betrat hier regelrecht verbranntes Land“, erinnert sich Resch, der auch Ruppin und Prignitz TV betreut. Doch Potsdam war und ist für ihn eine Stadt mit einmaligem Potenzial. Aber erst am 3. Oktober vergangenen Jahres konnte Potsdam TV auf Sendung gehen, denn auf manche Geräte musste er bis eine Woche vor Sendebeginn warten. Resch wusste aber, bei aller Euphorie des Neuanfangs musste er die Wirtschaftlichkeit, an der seine Vorgänger gescheitert waren, immer fest im Blick behalten. Doch war das leichter gedacht als getan. Drei Monate lang führte er Gespräche mit allen „Wirtschaftsfürsten“ der Stadt. Doch gegen Ende des Jahres hatte sich kaum etwas an der Situation der fehlenden Werbekunden geändert. „Sie können mir glauben, ich hatte keine schöne Weihnacht 2003.“ Mit dem neuen Jahr kam dann endlich die Wende. Heute arbeiten beim Potsdam TV 12 Festangestellte und fünf Freie. Mit fünf Schnittplätzen sind die Räume in der Weinmeisterstraße fast schon luxuriös ausgestattet, erklärt Resch. Doch wer Qualität wolle, der müsse auch investieren. Denn neben dem regulären Fernsehprogramm liefert der Lokalsender Auftragsfilme für verschiedene Unternehmen und Geschäfte. Das zweite, neue Standbein von Potsdam TV, das Einnahmen sichert. Für das tägliche, sich wiederholende einstündige Nachrichtenprogramm und die Magazinsendungen hat Dieter Resch darauf geachtet ein Mitarbeiterteam zusammenzustellen, dass ohne große Zwistigkeiten miteinander auskomme. Die Moderatoren Kerstin Bolik, Susanne Tockan und Tim Fabian Kloss haben dem Sender ein Gesicht gegeben, das für Resch so wichtig ist. Genauso wie das Stadtmagazin „PotsLife“, das sich als regelrechtes Erfolgsmodell etabliert habe. Wenn Dieter Resch heute Abend beim offiziellen Empfang zum ersten Jahrestag von Potsdam TV Bilanz ziehen wird, dann geht sein Blick auch nach vorn. Die Zusammenarbeit mit anderen Lokalsendern in Mecklenburg und Sachsen, neue Formate und Magazine, eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Filmpark Babelsberg und der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf, mehr Aktualität am Wochenende, für die knapp 80000 erreichbaren Haushalte soll in Zukunft noch mehr geboten werden. Dazu gehört auch ein eigenes Magazin, das ab Januar vierteljährlich in einer Auflage von 10000 über die Geschichten hinter der Kamera berichten soll. In Sachen neuer Ideen hält sich Resch auch weiterhin an Schiller.
Dirk Becker
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