
© Manfred Thomas
Von Peer Straube: Mit „Schischyphusch“ zum Sieg
Zum 20. Mal richtete die Stadt- und Landesbibliothek den Vorlesewettbewerb für Schüler aus
Stand:
„Schischyphusch oder der Kellner meines Onkels“. Nicht einfach. Eine Geschichte über einen Mann mit einem S-Fehler, von Wolfgang Borchert. Mutig, dass sich Willi Herberg ausgerechnet für so einen schweren Text entschieden hat.
Herberg ist einer von 13 Sechstklässlern, die sich gestern zum Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels in der Stadt- und Landesbibliothek eingefunden haben. Zum 20. Mal nimmt die Einrichtung an Deutschlands ältestem Schülerwettbewerb teil. Es war im Jahr 1959, als der Wettstreit erstmals ausgetragen wurde. Das Ziel: nicht nur die Leselust wecken, sondern auch mehr Aufmerksamkeit auf das „Kulturgut Buch“ zu lenken. 700 000 Kinder nehmen jährlich an dem Ausscheid teil, die 13 Potsdamer sind die Sieger ihrer jeweiligen Schulausscheide. Wer nun gewinnt, darf Potsdam beim Landesausscheid vertreten, der dortige Sieger fährt im Juni nach Frankfurt, wo der bundesbeste Vorleser gekürt wird.
Entsprechend aufgeregt sind auch die Potsdamer Schüler. Jedes Kind muss zwei Texte lesen – einen selbst ausgewählten und einen, den sie nicht kennen. Eine sechsköpfige Jury bewertet die Vorträge nach verschiedenen Kriterien wie Textverständnis, Lesetechnik und -gestaltung. Damit soll bewertet werden, ob es gelingt, Stimmung und Atmosphäre der Vorlage einzufangen ohne es gleichsam zu übertreiben. Ein Mitarbeiter des Buchladens Wist ist dabei, eine Lehrerin von der Goethe-Schule, eine Auszubildende der Bibliothek, eine Mitarbeiterin der Schulbibliothek Babelsberg, ein Redakteur der PNN-Lokalredaktion und der Vorlese-Sieger vom letzten Jahr, Joscha Strauss vom Helmholtz-Gymnasium.
Am Ende fällt die Entscheidung einmütig: Borchert hat Willi Herberg Glück gebracht, denn seine Interpretation des „Schischyphus“ wird als beste Leistung bewertet. „Er hat gut szenisch gelesen und auch den Witz gut rübergebracht“, zollt Jan Glogau vom Literaturladen Wist Beifall. Goethe-Lehrerin Sabine Abraham gefällt, „dass er dem Publikum immer wieder in die Augen geschaut hat“. In der Tat hat Herberg vor allem mit guter Betonung und einem exzellenten Gefühl für Dialoge gepunktet, selbst den schweren S-Fehler des Protagonisten meisterte er souverän.
Zum Lohn bekommt der Eisenhart-Schüler eine Urkunde und darf Brandenburg beim Landesausscheid im Mai vertreten. Doch leer geht keiner der Teilnehmer aus. Jeder Vorleser bekommt ein Buch überreicht. „Ihr habt uns mitgenommen in eure Welt der Fantasie und Abenteuer“, lobt Martina Hübenbecker von der Babelsberger Schulbibliothek. „Erhaltet sie euch.“
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