Sport: Mit sich selbst im Reinen Göran Böhm denkt auf der Ferieninsel Bali über seine sportliche Zukunft als Handballer nach
Mitunter fragt man sich schon, warum Mannschaftssportler in der Erläuterung bestimmter Entwicklungen gegenüber der Öffentlichkeit ein ziemlich verkümmertes Reflektionsvermögen offenbaren. Göran Böhm unterscheidet sich davon in geradezu wohltuender Art.
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Mitunter fragt man sich schon, warum Mannschaftssportler in der Erläuterung bestimmter Entwicklungen gegenüber der Öffentlichkeit ein ziemlich verkümmertes Reflektionsvermögen offenbaren. Göran Böhm unterscheidet sich davon in geradezu wohltuender Art. Man muss dazu wissen, dass der 29-jährige Rückraumspieler des Zweitliga-Absteigers 1. VfL Potsdam innerhalb einer Spielzeit einen tiefgreifenden emotionalen Wertewandel verarbeiten musste. Er ging als Mannschaftskapitän in die Saison hinein – um an deren Ende nur noch sporadisch zum Einsatz gebrachter Ersatzspieler zu sein. In den Monaten dazwischen wirkte der seit zwei Jahrzehnten Handball spielende Zweimetermann oft auf eigentümliche Art nachdenklich und unzufrieden.
Was die Reaktionsschnelligkeit und das im Handball für eine erfolgreiche Abwehrarbeit so wichtige sprichwörtliche Zufassen betrifft, stieß Böhm in der 2. Bundesliga im Wettkampf an seine Grenzen. Seine Sicht der Dinge bestätigt dies: „Ich habe mir in zwei, drei Spielen durchaus bewiesen, dass ich in dieser Spielklasse mithalten kann.“ Im Blick zurück auf den großen Rest sucht der bei den Potsdamer Stadtwerken Angestellte nicht nach Ausflüchten. „Ich hatte als Sportler während der vergangenen Monate viel mit mir selbst zu tun. Mittlerweile bin ich mit mir im Reinen, suche jedoch während der kommenden Wochen noch nach etwas Abstand. Es war mein Traum, mit meinem Heimatverein einmal in der 2. Bundesliga aktiv zu sein. Ich habe mir das erfüllen können. Mehr ist nicht drin“, sagte er unlängst, und die Art, wie er es sagte, ließ keine Zweifel daran, dass Göran Böhm in Zukunft nicht mehr in der 1. Männermannschaft des VfL Potsdam spielen wird. Bemerkenswert ist dies insofern, als dass er im VfL-Vereinsregister unter der Mitgliedsnummer 24 geführt wird und somit „Mann der ersten Stunde“ ist.
Als Privatmann ist Böhm ausgesprochen umgänglich und auf angenehme Art zurückhaltend. Auf den Einwurf, dass sich sein Naturell in der Zeit der Zweitliga-Zugehörigkeit des VfL über Gebühr auf seine Art des Handballspielens auswirkte, lächelt er vielsagend. Näher ins Detail gehen mag er bei der Beurteilung der Gründe für die sofortige Rückkehr der Potsdamer in die Regionalliga Nordost nicht. Er deutet an, dass das Scheitern seiner Meinung nach keinesfalls ausschließlich an der Qualität der Mannschaft festgemacht werden sollte. „Wir waren trotz unser teils katastrophalen Auswärtsspiele vom Niveau her nicht wesentlich schlechter als viele der Konkurrenten. Das Umfeld ist nicht in erforderlicher Weise für das Projekt zu begeistern gewesen. Dies stimmte mich fast ebenso traurig wie unser Abstieg“, wertet er.
Am Dienstag begab sich Böhm mit seiner Freundin Sarah via Frankfurt nach Brunei, um von dort aus weiter nach Bali in einen dreiwöchigen Urlaub zu fliegen. Dass er quasi ans andere Ende der Welt reist, um sich über seine sportliche Zukunft Gedanken zu machen, ist natürlich Zufall. Hineindeuten sollte man da nichts. Der Regionalligist SV 63 Brandenburg-West käme als möglicher neuer Verein ebenso in Frage wie der Berliner Aufsteiger BFC Preussen. Auch ein Mitwirken beim VfL II in der Oberliga ist für Göran Böhm denkbar. Ebenso ein künftiges Engagement im Marketing des 1.VfL Potsdam. „Gerade er hätte da bei uns jede Menge einzubringen. Es ist unser ausdrücklicher Wunsch, dies nutzen zu können“, so Teammanager Jan Thiele.
Thomas Gantz
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