Aus dem GERICHTSSAAL: Mit Tempo 100 und zwei Promille Maurer wegen Fahrlässigkeit verurteilt
„Ich nehme an, Ihre Frau hat Ihnen den Kopf gehörig gewaschen“, mutmaßte Amtsrichterin Waltraud Heep. „Und das nicht nur einmal“, parierte Lutz L.
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„Ich nehme an, Ihre Frau hat Ihnen den Kopf gehörig gewaschen“, mutmaßte Amtsrichterin Waltraud Heep. „Und das nicht nur einmal“, parierte Lutz L.* zerknirscht. Der selbstständige, 42 Jahre alte Maurer wurde in der Nacht des 22. Februar von der Polizei mit knapp zwei Promille und zwischen 80 und 100 Stundenkilometern in der Friedrich-Ebert- Straße gestoppt. Eigentlich wollte er nur eine Stunde in der „Unscheinbar“ verweilen, lediglich Wasser trinken. Doch ein Bekannter orderte serienweise Cocktails. Als Lutz L. weit nach Mitternacht in seinen alten Mercedes stieg, überschätzte er wohl seine Fahrtauglichkeit. Jetzt wurde er im beschleunigten Verfahren zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt. Sein Führerschein wurde eingezogen. Vor Ablauf von sieben Monaten darf er sich nicht wieder ans Steuer eines Autos setzen. Doch diese Frist ist theoretischer Natur. Der Vater einer kleinen Tochter wird sich auf alle Fälle einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen müssen. Und die kostet auch noch einmal viel Geld.
Der Angeklagte zeigte sich vor Gericht reumütig. Bei den als Zeugen geladenen Polizeibeamten entschuldigte er sich für sein renitentes Verhalten in jener Nacht. „Ich weiß nicht, wieso ich so viel getrunken habe. Wir haben uns angeregt unterhalten, da ist mir die Situation wohl entglitten“, berichtete der bislang Unbescholtene. „Entscheidend ist immer das erste Glas. Danach wird es kritisch“, so die Richterin. „Warum haben Sie für den Rückweg nicht die Straßenbahn genommen oder sich ein Taxi gerufen? Dann hätte der Abend auch ein nettes Ende gefunden.“ Als der Anruf seines Bekannten kam, dieser ihn bat, sich mit ihm in der Bar zu treffen, sei er überstützt von Zuhause aufgebrochen, habe weder an seine Geldbörse, den Ausweis noch das Handy gedacht, erzählte der Maurer, dessen Geschäfte zur Zeit schlecht laufen.
Der Verteidiger von Lutz L. ergänzte: „Die Wochen danach waren eine Katastrophe für meinen Mandanten. Er musste den Führerschein abgeben, ist aber dringend darauf angewiesen, mobil zu sein. Er muss auf die Baustellen fahren, sein Gerüst transportieren. Die finanzielle Einbuße, die die Familie seitdem erlitten hat, ist enorm.“ Der Angeklagte habe von sich aus bereits einen Psychologen aufgesucht und sich informiert, was er bei dem sogenannten Idiotentest zu erwarten hat.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr angeklagt. Nach Abschluss der Beweisaufnahme ging das Gericht von Fahrlässigkeit aus, was sich auf das Strafmaß allerdings nicht strafmildernd auswirkt. „Es tut mir einfach leid, was passiert ist. So etwas kommt bestimmt nicht noch einmal vor“, betonte Lutz L. in seinem letzten Wort. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. (*Name geändert.) Hoga
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